: „Wir haben dafür keine Kompetenz“
Niedersachsens Hochschulen wollen nicht für die Beobachtung von muslimischen Extremisten eingespannt werden. Der Präsident der Universität Hildesheim hält die Pläne von Innenminister Schünemann nur für begrenzt tauglich
WOLFGANG-UWE FRIEDRICH, 54, ist Präsident der Uni Hildesheim und Vize-Vorsitzender der niedersächsischen Landeshochschulkonferenz.
taz: Herr Friedrich, Niedersachsens Innenminister Uwe Schünemann (CDU) will in den Hochschulen ein „Sicherheitsnetz“ errichten, um die Gefahr von terroristischen Schläfern zu mindern. Da befürchtet nun sogar der Koalitionspartner FDP ein Spitzelsystem an den Hochschulen. Was haben Sie dagegen?
Wolfgang-Uwe Friedrich: Die Gefahr terroristischer Anschläge in Deutschland ist sehr ernst zu nehmen. Allerdings handelt es sich um eine gesamtgesellschaftliche Herausforderung. Hochschulen leisten Forschung und Lehre. Für die Terrorismusbekämpfung verfügen wir weder über Kapazitäten noch über die Kompetenz.
Erste Gespräche zum Thema Extremismus gab es bereits zwischen den Uni-Vizepräsidenten und dem Wissenschaftsministerium zum Thema Extremismus. Worum geht es da?
Die Immatrikulationsämter sollen künftig stärker darauf achten, dass Studierende auch eine Aufenthaltserlaubnis haben. Aber darauf achten wir ohnehin schon. Wir sind bereit, mit Wissenschafts- und Innenministerium über weitere Maßnahmen zu sprechen, aber nur in gewissen Grenzen.
Welche sind das?
Eine Erfassung aller muslimischer Studenten an den Hochschulen, wie sie in den USA diskutiert wurde, lehne ich ab. Niemand darf wegen seines Glaubens diskriminiert werden. Hochschulen sind per definitionem international und auf hochkarätige Studierwillige aus der ganzen Welt angewiesen.
Der Innenminister will Terrorbeauftragte an den Hochschulen installieren, die als „Ansprechpartner“ fungieren sollen, wenn sich ein Student „auffällig“ verhält. Kann das helfen?
Es ist doch meine Pflicht als Staatsbürger, mich an die Polizei zu wenden, wenn ich etwas Verdächtiges bemerke. Ich halte selber Vorlesungen: Wenn da jemand aufspringt und ankündigt, nächste Woche den Nahverkehrszug zwischen Hildesheim und Hannover in die Luft gehen zu lassen, melde ich das natürlich.
Auch muslimische Studenten, die kaum Leistungsnachweise erbringen, gelten für Schünemann bereits als „verdächtig“. Sehen Sie das auch so?
Wie will man ermitteln, ob jemand zum Schein studiert oder nur einen kranken Angehörigen im Ausland pflegt? Ich halte das nur für ein begrenzt taugliches Mittel. Aber das sollen Experten diskutieren. Übrigens schlägt Minister Schünemann genau das vor.INTERVIEW: KAI SCHÖNEBERG