Winterwelten im TV: Schneeflöcken, Weißröckchen
Was sagt uns das? Draußen liegt kein Schnee, drinnen gibts dafür umso mehr. Das Fernsehen bringt Kältestürme in die Stuben und will damit einfach nicht aufhören.
Es gibt zwei Theorien über Filme, die in Eis & Schnee spielen. Eine alte: Sie erhöhen die Gemütlichkeit, wenn man sie in gut beheizten Räumen sieht. Diese Theorie verliert jedoch langsam an Überzeugungskraft, da Armut, Umweltbewusstsein und Heizkosten gleichermaßen Konjunktur haben und Wohnzimmer und Kinos immer weniger beheizt werden, sodass einem bei Filmen, die in Eis & Schnee spielen, nur noch kälter wird.
Die neue Theorie aus der Ökoecke besagt, dass wir gar keine richtigen Winter - mit Eis & Schnee - mehr kriegen: Die Kraniche bleiben ganzjährig hier, und die Mädchen tragen allzeit Miniröcke, die Pelz- und Glühweinhändler klagen, und Europa vergreist zusehends, weil die Alten nicht mehr wie früher in der kalten Jahreszeit wegsterben. In dieser verfahrenen Situation gaukeln Kino und Fernsehen uns einfach Eis & Schnee vor.
Das ging heuer schon am 13. Dezember los, da sendete das ZDF erst den "Wettlauf zum Südpol", in dem Amundsen und Scott sich ein eiskaltes Rennen liefern, bei dem Letzterer samt seinen Begleitern erfriert; um danach mit einer fünfteiligen "Terra X"-Reihe namens "Eisige Welten" nachzulegen, in der schon die erste Folge - "Von Pol zu Pol" - in puncto Eis & Schnee kaum noch getoppt werden konnte.
Vulvaähnliche Eishöhle mit eiskalten Blondinen
Einen etwas anderen Kälteschauer dachten sich die Macher der Fantasyreihe "Game of Thrones - Das Lied von Eis und Feuer" aus: Deren erste Episode "Der Winter naht" beginnt in einer vulvaähnlichen Eishöhle und steigert sich dann auf Bärenfellen mit immer mehr eiskalten nackten Blondinen.
Der Semiintelligenzsender Arte begann ab dem 22. bereits um 14 Uhr mit der Ausstrahlung einer täglichen Kälte-Serie: "Europas Hoher Norden", in der auch nicht eine einzige frostige Ecke ungefilmt blieb. Am 23. kam dazu noch um 22 Uhr, wenn man gerade wieder etwas aufgetaut war: "Gesichter der Arktis" - von einem etwas tumben, aber dick eingemummelten Isländer (!).
Heiligabend bebibberte uns der RBB zur besten Weihnachtsbaumbrennzeit mit dem Spielfilm "Das kalte Herz". Am 25. und 26. zeigte der MDR dann eiskalt den russischen Märchenfilm "Die Schneekönigin".
legt mit "Leben am Limit" noch mal nach
Wem es am zweiten Weihnachtstag immer noch zu warm war, der konnte sich anschließend auf RTL 2 "Mein Partner mit der kalten Schnauze" ankucken. Der darauf folgende Tag gehörte dann ganz dem MDR: erst um 20.15 Uhr mit den klammsten Szenen aus dem "Katastrophenwinter 1978/79 - als der Osten im Schnee versank" und anschließend mit der sturmheulenden "Winterschlacht in der DDR".
Am 27. legte Arte allen Eis-&-Schnee-Wehmütigen, die sich keinen Skiurlaub gönnen können, die Sendung "Extreme Landschaften - Leben am Limit" ans allzu heiße Herz. Dies findet heute seine Fortsetzung mit dem "Wintersport" auf nahezu allen Kanälen, was wiederum am 1. 1. 2012 in der ARD-Abenteuerreportage "8000 Meilen bis Alaska" kulminiert. Danach soll es dann draußen - also in Wirklichkeit - langsam kälter werden, so sagt man jedenfalls.
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