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Winternotunterkunft auch im SommerSportallee bleibt offen

Sozialsenator lässt Winternotunterkunft auch im Sommer geöffnet. Sozialarbeiter fordern 1.000 Wohnungen für Obdachlose.

Bleibt auch im Sommer offen: Die Winternotunterkunft Sportallee. Bild: dpa

Am Freitag ist das Winternotprogramm zu Ende gegangen: Die 280 Schlafplätze, die Menschen als Erfrierungsschutz dienen, waren den Winter hindurch fast zu 100 Prozent ausgelastet.

Die Nutzer müssten jetzt wieder auf die Straße, "weil es keine Alternativen für sie gibt", warnte der Sozialarbeiter Stefan Karrenbauer gegenüber dem Straßenmagazin Hinz&Kunzt. Die städtischen Unterkünfte seien voll, das Hilfssystem stehe vor dem Zusammenbruch.

30 Mitarbeiter aus der Wohnungslosenhilfe hatten sich am Morgen mit einem Transparent an der Fußgängerbrücke Hamburger Straße vor dem Büro von Sozialsenator Detlef Scheele (SPD) postiert und 1.029 Wohnungen für Obdachlose gefordert: So viele Menschen leben laut einer Befragung aus dem Jahr 2009 in Hamburg auf der Straße.

Auch die SPD-Sozialpolitikerin Ksenija Bekeris forderte eine verstärkte Vermittlung dieser Gruppe in Wohnungen. Es gebe durch die gestiegene Zahl von Flüchtlingen einen Engpass in regulären Wohnunterkünften.

Scheele zog eine erste Konsequenz: "Dieser Winter war für alle Beteiligten nicht leicht." Es sei früh kalt geworden, auch stoße ein Programm mit nur 200 Plätzen "schnell an seine Grenzen". Man werde die negativen Erfahrungen auswerten. "Eine Sofort-Maßnahme ist, dass die Obdachlosen, die das möchten, weiter in der Sportallee bleiben können."

So heißt die Notunterkunft in Alsterdorf mit 100 Plätzen, die für die Obdachlosen mit einem Pendelbus vom Hauptbahnhof erreichbar ist. Weitere 94 Schlafplätze gab es im Winter in Containern, überdies wurden 15 Einzelzimmer für Obdachlose mit Hunden bereitgestellt.

Als es bereits im November 2010 sehr kalt wurde, öffnete die damals noch CDU-geführte Sozialbehörde den Hachmann-Bunker am Hauptbahnhof. Berichte über beengte Zustände lösten aber bald Empörung aus. Als Ersatz wurde im Januar ein ehemaliges Pflegeheim in Jenfeld mit 102 Plätzen hergerichtet. Auch dorthin richtete man einen Zubringerbus ein.

Dieses Jenfelder Heim den Sommer über zu öffnen, biete sich nicht an, sagt Behördensprecherin Julia Seifert: Der Bezirk Wandsbek habe die Nutzung nur für den Winter erlaubt. Es werde aber allen Nutzern der Notunterkünfte eine feste Bleibe angeboten - 167 von ihnen hätten das angenommen.

Viele Obdachlose in Hamburg kommen aus Osteuropa. Seit November ist ein polnischer Straßensozialarbeiter im Einsatz, der bereits 45 Menschen zur Rückkehr in ihre Heimat verholfen haben soll. Weil diese Zahlen auch den Senator überzeugten, wird das bislang von Spenden finanzierte Projekt ab Mai von der Stadt bezahlt.

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1 Kommentar

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  • W
    Walter

    Ich habe nie begriffen, warum hier nicht unbürokratisch und praktisch eingegriffen wird und man einfach ein paar Wohncontainer nimmt und entsprechend aufstellt. Es müssen doch nicht immer traditionelle Wohnungen sein - alles ist besser als auf der Straße zu leben. Und mit noch so kleinen Einzelwohneinheiten wäre auch das Problem gelöst, das viele Obdachlose von den Heim-Schlafplätzen fernhält: Diebstahl.

    Was kostet ein Überseecontainer und was kostet es, ihn zu einem Wohncontainer umzubauen? Dazu ein paar Gemeinschaftstoilletten und -duschen. Klar, ist nicht das Paradies, aber definitiv besser als unter der Lombardsbrücke.