: Windenergie: Und sie rentiert sich doch
■ „Sauberes Geld für saubere Energie“: In Wremen entsteht der erste privatwirtschaftliche Windpark
Einen historischen Ort haben sich die Investoren für ihre Windräder ausgesucht: Das „Wremer Tief“ liegt eine Spuckweite mitwinds nördlich von Bremerhaven. Erzbischof Christopher hatte dort anno ventis 1517 die Fahnenjungfer Tjede Peckes aus Padingbüttel samt 300 tapferen Wurster Bauern niedergemetzelt. Mittlerweile herrscht Frieden zwischen Bremen und Wremen, dem Waffengeklirr wird nun bald das sanfte Surren der Windräder folgen. Fünf von insgesamt zehn Windkonvertern des Windparks „Wurster Land“ stehen jetzt am Weserdeich, fünf sollen bis März nächsten Jahres noch folgen.
Dann werden 3,75 Megawatt elekrische Leistung buchstäblich durch den Wind gedreht, die zehn Generatoren werden sieben Millionen Kilowattstunden pro Jahr produzieren. Das entspricht einer elektrischen Versorgung für 2.000 Haushalte. Und der Clou der Geschichte: Die Investoren werden mit der Windenergie auch noch Geld verdienen.
„Sauberes Geld für saubere Energie“ faßte Heinz Bollweg (35) gestern bei der öffentlichen Vorstellung der ersten fünf Anlagen das unternehmerische Prinzip des Wurster Windparks zusammen. Bollweg ist Hauptgesellschafter und Geschäftsführer der Windnutzungsgesellschaft mbH (WN). Die WN ist Bauherrin für den Wurster Windpark und eigens dazu gegründet worden, aus dem norddeutschen Wind nicht nur Strom, sondern auch Geld zu machen. Bollweg hält 51 Prozent und ist damit der erste private Investor, der in der Bundesrepublik einen Windpark baut.
Die restlichen 49 Prozent der WN halten die Stadtwerke Bremen. Die Stadtwerke kamen zum Windpark wie Jungfer Tjede weiland zu Bischof Christopher. „Wir gehören nicht unbedingt zu den Vorkämpfern der Windenergie“, beichtete ihr Vorstandsvorsitzender Günther Czichon gestern. „Wir haben darauf bestanden, daß es eine klare, privatwirtschaftliche Führung gibt.“ Zu der klaren Führung gab es eine knallharte Kalkulation. Unternehmensberater Heinz Bollweg kam (auf Empfehlung des Bremer Umweltsenats), sah und rechnete. Für zehn Millionen Mark sei der Windpark zu bauen und werfe dann auch Rendite ab auf das investierte Kapital.
Die Stadtwerke schlugen ein. „Wir wollten nicht, daß es an uns scheitert, nachdem sich ein privater Investor gefunden hatte“, begründete Czichon den Entschluß der Stadtwerke, in das windige Geschäft einzusteigen. Jetzt kann sich der Energieversorger die Hände reiben, denn der Windpark wird, wenn die Technik mitspielt, nach sechs oder sieben Jahren Gewinn für die Gesellschafter abwerfen: „Ein Dukatenesel“, wie Günther Czichon gestern grummelnd einräumte.
Denn der Windpark wird aus verschiedenen Richtungen kräftig subventioniert. Von den insgesamt 10,5 Millionen Mark wehten drei Millionen Mark aus der Bonner Investitionszulage und aus den Ländern Niedersachsen und Bremen in die Wurster Marsch. Der verbleibende Rest wurde zur Hälfte von der Kreditanstalt für Wiederaufbau vorgestreckt, die andere Hälfte mußte die Windnutzungsgesellschaft selbst auf die Beine stellen.
Geld bringt auch der Verkauf des sauberen Stroms. Für jede der 29 Pfennig teuren Kilowattstunde, die der Wind in das Netz der niedersächsischen Überland- Nord Hannover (ÜNH) bläst, muß das Unternehmen 16,7 Pfennig (ab 1.1.1991) an die WN zahlen, weitere acht Pfennig pro Kilowattstunde schießt der Bund aus einem Förderprogramm dazu.
Der Wurster Windpark favourisiert zwei Anlagentypen. Die fünf Windkonverter, die jetzt in dreißig Meter Höhe aus der steifen Wurster Briese Strom produzieren sollen, sind jeweils auf 300 Kilowatt ausgelegt. Die 17 Meter langen Flügel beginnen bei einer Windgeschwindigkeit von drei Metern pro Sekunde mit der Arbeit, die dann von den Generatoren in Leistung umgesetzt wird. Hersteller sind die Auricher Ingenieure von „Enercon“. Ergänzt wird der Park jetzt noch mit fünf Maschinen der Bremer „AN“, die bis zu einer Leistung von 450 Kilowatt ausgelegt sind.
Abgesehen von dem historischen Treffen der Wurster Bauern mit der Bremer TechniK 1517 hat die Wurster Marsch übrigens noch einen Standortvorteil: Dort herrscht eine mittlere Jahreswindgeschwindigkeit von 6,5 Metern pro Sekunde. mad
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