: Wind von vorne
Welche Folgen eine neue Bundesregierung für die Windenergiebranche hat, sei nicht abzusehen, sagt Ralf Bischof vom Verband WindEnergie. Dazu seien die Signale aus der CDU zu unterschiedlich
Interview: Thomas Brunotte
taz: Unions-Kanzlerkandidatin Angela Merkel spricht von einer „Überförderung“ der erneuerbaren Energien. Was halten Sie von einer solchen Aussage?
Ralf Bischof: Die Windenergie ist die günstigste erneuerbare Energie. Vielleicht mit Ausnahme der Wasserkraft, die können wir in Deutschland aber so gut wie nicht mehr ausbauen. Wer sagt, die Windenergie sei überfördert, der kennt die Fakten nicht.
Derzeit sind etwa 60.000 Menschen in der Planung und im Bau von Windkraftanlagen beschäftigt – mehr als im Kohlebergbau. Haben CDU und FDP die richtigen Ideen, als Regierungskoalition die Zahl der Arbeitsplätze in der Windenergiebranche zu erhöhen?
Die FDP – abgesehen von einzelnen Stimmen – ganz klar nicht. Sie hat angekündigt, das „Erneuerbare-Energien-Gesetz“ abschaffen zu wollen, das alternative Energieformen fördert. Damit würde der Markt komplett zerstört. Was dann noch an Herstellern übrig bliebe, würde sicher ins Ausland gehen. Ich rechne damit, dass das 50.000 Arbeitsplätze in Deutschland kosten würde. Bei der Union ist noch nicht klar abzusehen, wohin die Reise geht. Aus Niedersachsen und Schleswig-Holstein bekommen wir deutliche Unterstützung. Aus anderen Ländern, allen voran von der neuen nordrhein-westfälischen Landesregierung, weht uns der Wind deutlich ins Gesicht. Welche Strömung sich da durchsetzen wird, ist für uns nicht erkennbar.
Die deutsche Windenergiebranche ist mit über 50 Prozent Anteil am Weltmarkt die Nummer Eins. Wie könnte dieser Anteil ausgebaut werden?
Das Wichtigste für den Export ist ein stabiler Heimatmarkt. Einmal als Produktionsbasis für die Hersteller und vor allen Dingen auch für die Zulieferer, denn die machen den größten Anteil beim Export aus. Wir brauchen natürlich auch die Möglichkeit, die neuesten Anlagentechnologien in Deutschland zu erproben und zu demonstrieren. Das heißt zum Beispiel, dass die in einigen Bundesländern geltenden Höhenbeschränkungen für Windanlagen hinderlich sind. Es muss auch erlaubt sein, leistungsfähigere Anlagen mit 120 Meter Rotordurchmesser zu bauen.
Der nationale Markt für auf dem Festland stehende Windanlagen schwächelt. Was muss da getan werden?
Zwei Dinge sind wichtig: Das eine ist, dass die Einspeisevergütung, so wie sie heute gilt, nicht geändert werden darf. Die Vergütungen sinken jedes Jahr real um fast vier Prozent. Das ist im Gesetz so festgelegt. In spätestens zehn Jahren werden wir gegenüber konventionell erzeugtem Strom damit wettbewerbsfähig, ja sogar perspektivisch günstiger. Das zweite ist, dass wir auch tatsächlich die Möglichkeit haben müssen, neue Anlagen planen zu können und alte Anlagen durch neue, wesentlich leistungsstärkere auszutauschen. Dabei gibt es noch zu viele bürokratische Hindernisse.
Was können denn diese neuen Anlagen?
Mit nur einem Drittel der Anzahl an Windkraftanlagen könnten wir das Dreifache an Strom produzieren, ohne neue Flächen zu nutzen. Dazu müssten aber die verschiedensten Abstandsregelungen und Höhenbegrenzungen abgeschafft werden. In Nordrhein-Westfalen will man die aber gerade einführen. Da wird also genau das Falsche gemacht.
Ist der Strom aus Windenergie tatsächlich teurer als herkömmlicher Strom?
Auf lange Sicht gesehen ist Wind-Strom sicherlich nicht teurer. Heute schon können wir auf Grund der vom Gesetz verlangten sinkenden Preisvorgaben ausrechnen, dass wir spätestens 2015 wettbewerbsfähig sind. Und zwar selbst dann, wenn der Preis für normalen Strom nur relativ langsam ansteigt. Danach werden wir billiger sein. Wegen der jüngsten Ölpreiskapriolen, die sich auch auf Gas- und Kohle auswirken und die Energiepreise insgesamt verteuern, werden wir dieses Ziel jedoch wahrscheinlich eher erreichen können.