Wimbledon: Triumph des Aufschlags
Mit seinem fünften Wimbledon-Sieg etabliert sich der Schweizer Roger Federer endgültig in der Sportgeschichte.
WIMBLEDON taz So fand er sich also wieder im weißen Jackett zum traditionellen Champions Dinner im Londoner Savoy Hotel ein. Wie immer hielt er eine kleine Rede am runden Tisch; das ist ja schon lieb gewordene Routine. Zum fünften Mal feierte Roger Federer seinen Sieg im Kreise der anderen Sieger und der Herren und Damen vom All England Club. Er mag dieses Dinner, weil es unverwechselbar und eben Teil jener besonderen Tradition ist. Es gehört nicht viel Fantasie zu der Behauptung, dass Rafael Nadal mit einer Abendgesellschaft im Kreise englischer Ladies und Gentlemen eher weniger anfangen könnte. Trotzdem wird er bald am Ehrentisch des All England Clubs sitzen.
Was sich im Finale des vergangenen Jahres angedeutet hatte, das wurde diesmal zur spannenden, vielversprechenden Gewissheit: Noch ist Federer der Meister des Rasenspiels, aber Nadal ist ihm gefährlich nah gerückt. Londons Daily Mail schrieb am Montag: Federer weiß, dass er noch mal davongekommen ist, gerettet von seinem wunderbar effektiven Aufschlag, ein paar rechtzeitigen Momenten der Brillanz und der Tatsache, dass Nadal bei den entscheidenden Punkten ein paar Fehler machte.
Zum ersten Mal musste er in einem Wimbledonfinale fünf Sätze spielen, und hätte Nadal zu Beginn des fünften die Chancen zum Break genutzt, dann würde vielleicht jetzt schon dessen Piratenhose im Wimbledon-Museum hängen und nicht des Schweizers weißes Jackett. "Er hatte einen viel besseren Plan für sein Spiel als im vergangenen Jahr", sagte Federer nach den drei Stunden und 45 Minuten dieses begeisternden Finales.
Der Guardian stellte fest: Nadal hat Federer mehr Arbeit gemacht, als das Federer umgekehrt jemals bei den French Open gelungen ist. Und der Spanier hatte Recht, als er fand: "Ich hatte nicht das Gefühl, dass ich von der Grundlinie schlechter spiele als er. Wenn wir einen Unterschied finden wollen, dann war das vielleicht sein Aufschlag." Federer schlug nicht nur 24 Asse und machte jede Menge direkter Punkte mit dem Aufschlag. Er tat es vor allem dann, wenn er in der Bredouille steckte. So gewann Pete Sampras in Wimbledon, so gewann Boris Becker, und nichts demoralisiert einen Gegner mehr, als seine Hoffnung brutal mit einem Schlag demoliert zu sehen.
Jetzt hat Federer also den ersehnten fünften Titel in der Tasche und als güldenen Aufdruck auf derselben. Fünf wie einst Björn Borg. Er sagt, die Anwesenheit des Schweden und der anderen Großmeister des Tennis habe es ihm nicht leicht gemacht. "Das war eine riesige Gelegenheit für mich, aber auch eine riesige Belastung. Björn Borg da sitzen zu sehen, Jimmy Connors, John McEnroe, Boris Becker, das war ein großer Moment für mich. Die Erinnerung daran werde ich für den Rest meines Lebens behalten."
Die Zahl seiner Grand-Slam-Titel insgesamt steht nun bei elf; damit hat er Borg und den Australier Rod Laver erreicht. Beim nächsten wird er Roy Emerson einholen, einen weiteren Australier, und danach bleibt nur noch die magische 14 von Pete Sampras. Aber was heißt nur? Die gern diskutierte Frage, ob er wegen seiner überragenden Spielkunst unabhängig von der Zahl der Größte in der Geschichte des modernen Tennis sei, wird unterschiedlich beantwortet. Die einen sagen ja, Borg beispielsweise, andere sagen mit Einschränkung nein. Boris Becker meint: "Noch ist er es nicht. Aber er ist wahrscheinlich nur noch zwölf Monate davon entfernt."
Oder auch nicht, denn Nadal ist nicht nur der überragende Spieler auf Sand und hat sich Federer auf Rasen mit schnellen Schritten bis auf Sichthöhe genähert, er ist auch auf den Hartplätzen von New York und Melbourne erste Wahl. Und dann gibt es auch noch den starken Verfolger Novak Djokovic, den diesmal verletzten Kandidaten Andy Murray, Marcos Baghdatis und den wiedererstarkten Lleyton Hewitt.
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