Wimbledon-Finale mit Überlänge: Federer schreibt Geschichte
In einem an Spannung nicht zu überbietenden Finale besiegt Roger Federer den US-Amerikaner Andy Roddick – und ist damit der erfolgreichste Tennisspieler aller Zeiten.
LONDON dpa | Roger Federer hat im dramatischsten Fünf-Satz-Krimi der Wimbledon-Geschichte seinen 15. Grand-Slam-Triumph gefeiert – und ein neues Kapitel im Rekordbuch des Tennis geschrieben. Nach einem ganz engen Finale gegen den so gut wie noch nie auftrumpfenden Andy Roddick holte sich Federer am Sonntag bei den All England Championships seinen sechsten Titel.
Der Amerikaner Roddick setzte Federer unerwartet mächtig zu und brachte ihn beim 5:7, 7:6 (8:6), 7:6 (7:5), 3:6, 16:14 ganz dicht an den Rand einer neuerlichen Endspiel-Pleite wie im Vorjahr. Erst nach 4 Stunden und 16 Minuten durfte Federer den Goldpokal an sich nehmen. Es war das Finale mit den meisten Spielen der Turniergeschichte.
"Glückwunsch Roger", sagte Verlierer Roddick mit Größe. "Du hast es verdient, du bist ein großer Champion." Federer bedankte sich sichtlich gerührt in seiner weißen Jacke, die mit einer goldenen "15" bestickt war. "Sei nicht zu traurig", sagte er in Richtung des nach kurzer Einkehr gefassten Roddick.
"Ich weiß vom vorigen Jahr, wie schwer es ist", fügte Federer hinzu. Es war allerdings schon sein 19. Sieg im 21. Duell mit Roddick. Nun ist der Gewinner um um ein Preisgeld von 993.000 Euro reicher, Roddick muss sich mit der Hälfte begnügen.
Als Überraschungsgast Pete Sampras (14 Grand Slam-Titel) aus den USA nach drei Spielen aus den Katakomben des Center Courts kam und sich neben die Tennis-Größen Björn Borg und Rod Laver setzte, ging ein Raunen durch die mit 15.000 Zuschauern besetzte Arena. "Ganz ehrlich", so der 37-Jährige, "ich habe kein Problem damit, dass Roger mich überholt hat."
Roddick setzte Federer mit hammerharten Aufschlägen unter Druck. Wenn das nicht reichte, passierte er ihn mit seiner cross geschlagenen Vorhand ein ums andere Mal.
Federer, der im Halbfinale dem enorm starken Thomas Haas besiegt hatte, gab sich unbeeindruckt – aber in ihm begann es zu brodeln. Die starke Gegenwehr hatte er so nicht erwartet. Zu lässig vergab er beim Stand von 5:5 gleich vier Breakbälle und verlor danach sogar seinen Aufschlag zum Satzverlust. Erinnerungen wurden wach an 2008, als Nadal die Gunst der Stunde nutzte.
Dann schwächelte Roddick in den folgenden Tiebreaks. Er verlor gleich zwei in Folge, nachdem er während des Turniers sechs am Stück gewonnen hatte. Aber noch gab der US-Open-Sieger von 2003 das vierte Wimbledon-Match gegen Federer nicht verloren – und glich zum 2 zu 2 nach Spielen aus.
Doch im fünften Satz spielte Federer wieder sicher – und setzte sich schließlich knapp durch. Zum 15. Mal gewann er einen Grand Slam.
"Roger hat es verdient. Er ist bereit, Opfer zu bringen und ist ein wirklich großer Champion", erklärte Sampras, der neben William Renshaw mit sieben Wimbledon-Siegen noch immer häufiger in Wimbledon gewann als Federer. Aber eben weniger Grand Slam-Titel. Doch das schien Sampras nicht zu stören: "Ich habe 14 Titel gewonnen und das sind 14 mehr, als ich erwartet hatte."
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!