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Interview„Will mich nicht drücken“

■ Innensenator Hartmuth Wrocklage über den Hamburger Polizeiskandal

taz: Die neuesten Fakten zum Fall Neß – ein kalter Schauer für den Polizeisenator?

Hartmuth Wrocklage: Nein, warum? Ich habe ein Problem zu lösen, dessen Dimension mir durchaus auch vorher bewußt war.

Nicht gerade unbedeutende Vorwürfe, die da erhoben werden. Die Polizei hat bei ihren Ermittlungen nicht nur gewaltig geschlampt, sondern auch gezielt Beweismaterial vernichtet.

Der Eindruck kann entstehen. Aber wegen der Zuständigkeit der Staatsanwaltschaft muß ich mich in einer Bewertung zurückhalten.

Können sie denn bestätigen, daß das Polizeivideo wissentlich gekürzt und Tonbänder vorzeitig überspielt wurden?

Ich will mich zu diesem Komplex derzeit nicht äußern.

Die Vorwürfe richten sich gegen Polizeieinheiten, Staatsschutz, „PS3“, alles Einheiten, die Ihnen unterstellt sind.

Ich will mich gar nicht drücken. Aber es geht hier um ein rechtsstaatliches Verfahren. Und in dem ist derzeitig die Staatsanwaltschaft zuständig. Sie hat die Ermittlungskompetenz, und das respektiere ich.

Die Innenministerkonferenz will sich heute mit Ausländerfeindlichkeit in der Polizei befassen. Was kommt dabei raus?

Ein Forschungsauftrag, um die Ursachen der Fremdenfeindlichkeit zu ergründen.

Reicht Ihnen das?

Die Innenministerkonferenz beschließt nach dem Konsens-prinzip. In der Beschlußvorlage befindet sich konkret nur dieser Vorschlag. Ob wir darüberhinaus Maßnahmen ergreifen, muß sich in der Diskussion zeigen. Mir ist aber wichtiger, was wir in Hamburg machen können, ohne darauf angewiesen zu sein, daß andere Länder mitziehen.

Und das wäre?

Wir werden mehr Geld für die Fortbildung von Polizisten ausgeben. Wissen über Gründe ethnischer Konflikte zu vermitteln, Kommunikationsfähigkeit und Möglichkeiten der Streßbewältigung zu stärken, sind dabei wesentliche Fortbildungsziele. Damit werden wir der Gefahr von Ausländerfeindlichkeit in der Polizei entgegentreten. Im übrigen wollen wir mehr Ausländer in den Polizeidienst übernehmen und ein Personalentwicklungskonzept bei der Polizei erarbeiten. Hierzu gehört auch das Rotationsprinzip.

Genau das trifft bei der Polizei auf Widerstand. Fühlen sie sich wohl in der Doppelrolle als „Eiserner Besen“ und grünweißer „Papa“, zu dem die Polizisten Vertrauen haben sollen?

Das ist nicht mein Sprachgebrauch, und ich sehe auch keine Doppelrolle. Ich will meine Aufgabe mit Konsequenz erfüllen, und die besteht zum einen darin, den 8000 Polizisten, die ihre Arbeit für die Bürgerinnen und Bürger unserer Stadt einwandfrei und engagiert tun, zu ermutigen. Andererseits werde ich alles tun, um rechtswidriges Vorgehen der Polizei – soweit irgendmöglich – zu verhindern, auch weil es den Ruf der Polizei und der Stadt schädigt.

Keine Spur von Hilflosigkeit gegenüber dem Polizeiapparat?

Nein. Ich möchte es mal so ausdrücken: Das Schlagwort von der Unregierbarkeit der Stadt oder auch nur einer Behörde habe ich schon immer für eine Ausrede gehalten.

Interview: Uli Exner

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