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Wien will Strafmaß für Neonazis senken

Bislang wurden Rechtsradikale meist freigesprochen, weil das Strafmaß zu hoch erschien/ Künftig wird „Auschwitzlüge“ strafbar/ Haiders FPÖ könnte unter neues NS-Verbots-Gesetz fallen  ■ Aus Wien Michael Völker

Mit einem reformierten NS-Verbots-Gesetz will die österreichische Regierung den immer offensichtlicheren rechtsradikalen Umtrieben in der Alpenrepublik zu Leibe rücken. In einer Blitzaktion hatten sich die Koalitionsparteien SPÖ und ÖVP vergangene Woche auf die Neufassung geeinigt — heute soll sie im Parlament eingebracht werden. Wenn es in diesem Tempo weitergeht, könnte das Gesetz bereits nächste Woche beschlossen werden.

Zentraler Punkt der Reform ist die Herabsetzung des Strafrahmens. Bislang gab es bei „Wiederbetätigung im nationalsozialistischen Sinne“ nur die Strafmöglichkeit lebenslänglich. Nach dem neugefaßten Gesetz soll es statt dessen einen Ermessensrahmen zwischen zehn Jahren und lebenslänglich geben. Bei „besonderer Gefährlichkeit des Täters“ soll das Strafmaß von derzeit fünf bis zehn Jahren auf künftig ein bis zehn Jahre heraufgesetzt werden. Dafür wird der Paragraph um die sogenannte „Auschwitzlüge“ ergänzt, die bislang nur bei „Wiederbetätigung“ strafbar war.

In nahezu allen österreichischen Prozessen wegen NS-Vergehen nach dem Verbotsgesetz war es bislang zu Freisprüchen gekommen. Den Geschworenen schien der Strafrahmen zu hoch. Politiker beider Koalitionsparteien äußern nun die Hoffnung, daß die Gesetzesänderung nicht zu einem Signal in die falsche Richtung gerate. Schließlich bliebe die Strafobergrenze unverändert, und die Ausweitung des Strafrahmens nach unten mache eine effizientere gerichtliche Verfolgung möglich.

FPÖ-Chef Jörg Haider forderte zum Verbotsgesetz eine „Tatbestandsergänzung“: Er will das Leugnen jeglichen Völkermords unter Strafe stellen, nicht nur des nationalsozialistischen, sondern auch der an Tibetanern, Kurden und Indianern. Im Zuge der Neonazi-Diskussion war der FPÖ-Obmann selbst in deren Mitte gerückt: SPÖ-Generalsekretär Josef Cap hatte Haider „Mitverantwortung für das Anwachsen rechtsextremer Umtriebe in Österreich“ vorgeworfen.

Währenddessen veröffentlichte das Wiener „Dokumentationsarchiv des Österreichischen Widerstands“ eine umfangreiche Liste mit FPÖ- Funktionären, die enge Kontakte zu rechtsextremen Organisationen pflegen. Peinlich genau werden darin 36 FPÖ-Funktionäre aufgezählt, die an Veranstaltungen rechtsextremer Gruppen teilnahmen oder dort referierten, in rechtsradikalen Publikationen veröffentlichen oder diese herausgeben. Für Haider stellt sich nun auch die Frage, ob nicht seine eigene Äußerung, daß „sie im Dritten Reich wenigstens eine ordentliche Beschäftigungspolitik gemacht haben“, unter das neue Verbotsgesetz fallen könnte.

Vor den Wiener Gemeinderatswahlen im vergangenen Herbst hatte die KPÖ Plakate geklebt, auf denen ein im Konzentrationslager Dachau erhängter Jude zu sehen ist. Darüber Haiders Spruch von der „ordentlichen Beschäftigungspolitik“, darunter: „FPÖ: Ausländerfeindlich, rassistisch, deutschnational“. Haider klagte. Vergangene Woche urteilte das Oberlandesgericht Wien: „Ein im Blickpunkt des öffentlichen Interesses stehender hoher politischer Funktionär, welcher Teilaspekte der Politik im Dritten Reich als positiv hervorhebt, ohne gleichzeitig seine Ablehnung und Verachtung der Greueltaten des Regimes ausdrücklich mitzuteilen, muß es sich gefallen lassen, daß Kritiker den im Inserat dargestellten Kontext herstellen.“

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