: Wien hofft auf Moskau
„Absoluter Stillstand“ bei den Wiener VKSE-Verhandlungen /Möglicherweise einigen sich Baker und Schewardnadse in Moskau auf Formelkompromisse zu Truppen und Flugzeugen /Baker sieht Forschritte auf dem Weg zum START-Rahmenabkommen ■ Aus Wien Andreas Zumach
Auch beim konventionellen Abrüstungswalzer, der diese Woche in der Wiener Hofburg in seine siebte Runde ging, richten sich alle Fortschrittshoffnungen auf das Moskauer Treffen zwischen den Außenministern Baker und Schewardnadse. Als „absoluten Stillstand“ beschreibt ein östlicher Unterhändler die derzeitige Situation bei den VKSE-Verhandlungen. Bonns Botschafter Hartmann konstatiert einen „Rückfall im Verhandlungstempo“ und fordert mehr „Bewegung“ auf beiden Seiten.
Soll ein Abkommen noch dieses Jahr unterschrieben werden, müssen in Moskau, spätestens jedoch beim Washingtoner Gipfel Bush-Gorbatschow Anfang Juni politische Entscheidungen zu den beiden Hauptproblemen Truppen und Kampfflugzeuge getroffen werden.
In der Truppenfrage zeichnet sich folgender Formelkompromiß ab: Bis zur Unterzeichnung eines ersten Abkommens wird nicht - wie von den WVO-Staaten bislang gefordert - über Truppenbegrenzungen verhandelt. Anders als bisher von der US -Regierung in Washington betont, wird allerdings verbindlich festgelegt, daß die Truppenfrage mit der bereits vereinbarten Reduzierung sowjetischer und US-amerikanischer Soldaten in Zentraleuropa auf jeweils 195.000 nicht abschließend behandelt ist.
Sofort nach Unterzeichnung eines ersten Abkommens soll VKSE II stattfinden. Diese Verhandlungen sollen sich vorrangig um die Truppenreduzierung in anderer Staaten drehen, vor allem des bis dahin voraussichtlich vereinigten Deutschland.
Hinsichtlich der Kampfflugzeuge drängt Hartmann auf eine Einigung und warnt vor einer von den beiden Großmächten in den vergangenen Monaten inoffiziell ins Spiel gebrachten Ausklammerung dieser Waffenkategorie aus einem Abkommen. Dies sei „gleichbedeutend mit einer Vertagung auf unbestimmte Zeit“.
Auch für die DDR-Unterhändler wäre ein Vertrag ohne Flugzeugregelung „ein Rückschritt und weniger wert als ein halbes Abkommen“. Eine Einigung in der Sache dürfte sehr in der Nähe eines inoffiziellen ungarischen Kompromißvorschlages liegen: Eine Obergrenze für Kampfflugzeuge von 5.600, etwa auf der Mitte zwischen den bisherigen Nato- und WVO-Positionen; eine separate Obergrenze von 800 für „Abwehr„flugzeuge; die Ausklammerung permanent landstationierter Marineflugzeuge, deren jetzige Bestände jedoch eingefroren werden sowie eine Vereinbarung, in einem zweiten Abkommen weitere Reduzierungen der Luftstreitkräfte zu vereinbaren.
In Moskau haben der sowjetischen Präsident Michail Gorbatschow und US-Außenminister James Baker am Freitag Fortschritte bei den Verhandlungen zum Abbau strategischer Nuklearwaffen (START) festgestellt. Er hoffe auf ein Abkommen noch vor dem nächsten amerikanisch-sowjetischen Gipfel, sagte Baker nach dem Treffen im Kreml.
Der amerikanische Außenminister war am Dienstag zur Vorbereitung des Gipfeltreffens zwischen Gorbatschow und US -Präsident George Bush in Moskau eingetroffen.
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