Wie die taz das Netz für sich entdeckt: Engagement statt Alarm

2018 erstellten taz-Kolleg:innen einen Report zur Zukunftsfähigkeit der taz. Heute fragt mensch sich, ob und was aus den Erkenntnissen damals eigentlich folgte. Eine Bestandsaufnahme drei Jahre später.

Damals: das Innovationsteam mit Luise Strothmann, Katrin Gottschalk, Bert Schulz, Harriet Wolf, Sebastian Erb, Ingo Arzt, Nicola Schwarzmaier (v.l.n.r.) Foto: Karsten Thielker

Von KATRIN GOTTSCHALK

26.06.21 | Neulich bekam ich eine E-Mail an eine Adresse, die mittlerweile unsere Produktentwickler:innen nutzen – zukunft@taz.de. Eingerichtet hatte ich sie 2017, als wir mit der Arbeit am „taz Report 2021“ begonnen hatten – unserem Innovationsreport. 2018 erblickte er das Licht der Welt. Ein Genosse las ihn nun drei Jahre später und fragte: „Was von den Ideen ist umgesetzt und wie?“

Gute Frage! In der taz hat sich sehr viel verändert seitdem. Drinnen und draußen. Unser Report ist für diese Veränderungen der markanteste Startpunkt.

2017 stellte ich ein Team von acht Kolleg:innen aus Redaktion und Verlag zusammen. Gemeinsam gingen wir der Frage nach, ob wir die Weichen in Richtung Zukunft richtig gestellt haben, welche Ideen es dazu im Haus und in der Branche gibt und was unsere Leser:innen wollen.

Online war vor allem die Sache eines einzelnen Ressorts

Wir waren alarmiert. Während wir jeden Tag mit viel Liebe eine täglich gedruckte Zeitung machten, sanken die Abonnements stetig – während die Zahlen unseres digitalen Engagements nicht angemessen stiegen.

Die starken Themen der taz waren auf der Webseite nicht erkennbar, das Gerüst der Seite starr, Online vor allem die Sache eines einzelnen Ressorts. Den Redakteur:innen machte die Arbeit mit der Seite keinen Spaß und mit hoher Reichweite konnten wir auch nicht glänzen – sie war sogar rückläufig.

Was ist seither passiert? Hier ein Vorher-nachher-Bild.

taz auf Platz 1 der Schlagzeilen

2018 veröffentlichten wir unseren ersten großen Aufschlag zur Hannibal-Recherche, einem rechten Netzwerk in Bundeswehr und Polizei. Wer das Thema zu dem Zeitpunkt bei Google suchte, fand viele Texte dazu – aber erst weit unten den der taz.

Der Artikel auf der Webseite unterschied sich nicht von anderen Artikeln. Auf Twitter teilten viele die Recherche, aber fragten sich auch, wo der politische Aufschrei blieb.

Am vergangenen Wochenende haben wir wieder eine exklusive Recherche veröffentlicht. Über Rechtsextreme in der Bundestagspolizei. Wer an diesem Wochenende „Bundestagspolizei“ gegoogelt hat, dem wurde dank Suchmaschinenoptimierung (SEO) auf Platz 1 der Schlagzeilen die taz angezeigt.

Sichtbar durchgedrungen

Wer so auf unsere Webseite kommt, sieht: Besonders lange, ausführlich recherchierte Texte wie dieser haben ein neues, markantes Design.

Der Artikel ging Freitag online. Sonntag folgte ein politisches Interview mit Claudia Roth zum Thema. Am Montag fragten in der Bundespressekonferenz andere Journalist:innen nach. Mitautor Kersten Augustin beantwortete am Dienstag auf Instagram Fragen zur Recherche. Wir haben eigene Social-Media-Posts erstellt. Wir sind sichtbar durchgedrungen mit unserer Story.

Den Innovationsreport mit wichtigen Ideen zur Digitalisierung der taz können Sie hier nachlesen.

Das ist ein Ergebnis des Reports. Wir arbeiten heute als integrierte Redaktion für Print und Online, wir haben ein eigenständiges Social-Media-Team, wir suchen neue Zielgruppen – etwa mit dem Klimahub oder den Podcasts.

Reichweite verdoppelt

Wir haben unsere Reichweite im Netz verdoppelt! Im Mai 2018 hatten wir laut IVW nur 5,1 Millionen Besuche unserer Webseite. Im Mai 2021 waren es 10,5 Millionen.

Die letzten drei Jahre sind wie im Flug vergangen, anderthalb davon in einer globalen Pandemie. Nicht jede Änderung verlief reibungslos, aber wir haben so viel geschafft, als ganze taz. Vielen Dank für diese Erinnerung per E-Mail!

Danken möchte ich an dieser Stelle auch noch mal dem Team, das mit mir diesen Report erstellt hat. Es hat ewig gedauert. Zwei Kinder wurden in der Zeit der Recherche geboren! Aber bis heute ist der taz Report 2021 ein Bezugspunkt. Ohne ihn hätte es den Aufbruch wohl nicht gegeben.

Katrin Gottschalk ist stellvertretende Chefredakteurin der taz und Leiterin der digitalen Produktentwicklung.