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Wie die Regierung El Salvadors in der Landfrage agiiert-betr.: "Recht auf Eigentum, Recht auf Leben", von Ralf Leonhard, taz vom 17.3.92

betr.: „Recht auf Eigentum, Recht auf Leben“, von Ralf Leonhard, taz vom 17.3.92

Endlich mal ein informativer Hintergrundartikel aus El Salvador „Im Frieden“. Die Euphorie der Volksfeste zur Unterzeichnung des Friedensvertrages am 16. Januar und zum Beginn des Waffenstillstandes am 1. Februar hat sich etwas gelegt. Seit zwei Monaten versucht die Regierung in der Tat, die Verwirklichung der Friedensverträge zu verzögern und alle Lücken und Zwiespältigkeiten in dem Vertragswerk zu ihren Gunsten auszunutzen. Wie zu erwarten, nimmt dabei die Auseinandersetzung um die Agrarreformen einen zentralen Platz ein — und über diese Auseinandersetzungen lohnt es sich wirklich regelmäßig und ausführlich zu berichten, denn sie entscheiden über die Zukunft El Salvadors.

In Ergänzung zu der Reportage von Ralf Leonhard, die, soweit erkennbar von Ende Januar, Anfang Februar stammt, möchten wir noch ein Beispiel anführen, wie die Regierung El Salvadors in der Landfrage agiiert. Am 3. März veröffentlichte die Tageszeitung „Diario de Hoy“, Sprachrohr der ultrarechten Kreise innerhalb der regierenden ARENA- Partei einen Artikel, in dem es heißt: „Derweil hat die FMLN im Kanton La Canoa, Bezirk Jiquilisco, Departement Usulután, die Hacienda Montemar usurpiert, die bereits an die „Bodenbank“ (eine Einrichtung der Regierung, A.d.Ü) verkauft wurde, damit das Land an die „Colonos“ (Arbeitspächter, A.d.Ü) verteilt werden kann. Die ‘Kommandanten' der FMLN haben jedoch die Familien von der Hacienda vertrieben, damit sich dort Gruppen von Bauern niederlassen können, die in Lastwagen aus anderen Gegenden des Landes herangekarrt werden.“

Tatsächlich hat sich folgendes zugetragen: es handelt sich um die Hacienda Campeche, die der Großgrundbesitzerfamilie Novoa gehört. Sie hat über 245 ha und würde damit schon lange unter die Agrarreform fallen. Nachdem in den Friedensverträgen vereinbart wurde, daß die Landgüter über 245 ha jetzt endlich an Landlose übergeben werden sollen, was im übrigen immer noch nicht passiert ist, obwohl das dafür vorgesehene Datum längst verstrichen ist, haben ca. 50 Personen aus der Umgebung das Land besetzt und den Herrn Navoa zwei Tage lang festgesetzt, um mit ihm zu verhandeln. Nach dem Hetzartikel in „Diario de Hoy“ kam die Armee und räumte am 11.3. Zwei Mitglieder des Genossenschaftsverbandes FENACOA wurden vorübergehend gefangen genommen und ein US-amerikanischer Priester deportiert.

Die Informationsstelle El Salvador bemüht sich im Rahmen der Kampagne „El Salvador: Solidarität bleibt unsere Waffe“ über solche Vorgänge zu informieren, um den nach wie vor an El Salvador Interessierten und allen, die es werden wollen, konkretes Material über so wichtige Auseinandersetzungen wie die um das Land an die Hand zu geben.

Wir möchten deshalb auch noch einmal auf das Konto der Kampagne aufmerksam machen: Kto. Nr. 1088 787 700 bei der BfG Heidelberg (BLZ 672 101 11), Informationsstelle El Salvador, Heerstr. 205, 5300 Bonn 1. Unter dieser Adresse kann auch laufend Kampagnen-Material bezogen werden. Inga Kreuzer, Informationsstelle El Salvador e.V., Bonn

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