piwik no script img

■ Wie der Bremer Staatskapitalismus sich selbst überwindetVulkan – keine Tellerwäscher-Story

Hennemann und der Bremer Vulkan – das ist die typische US-amerikanische Tellerwäscher-Aufsteigergeschichte mitten aus Norddeutschland: Der gelernte Apotheker Friedrich Hennemann, abgesetzter Gesundheits-Senatsdirektor, steigt mit der überalterten Bremer Vulkan-Werft zum großen Konzernherren auf. Solange der Vulkan-Verbund wesentlich Bremer Werften-Verbund war, konnte der Chef Hennemann auf einsame „bremische“ Art regieren – er verfügte über beste Kontakte in die bremische Finanzpolitik. Etwa so: Der Vulkan baute Schiffe, die staatseigene Senator-Line kaufte sie, das Land übernimmt die Bürgschaften. Mit staatlicher Hilfe übernahm der Bremer Vulkan die Atlas Elektronik-AG, ein großes Bremer Rüstungselektronik-Unternehmen.

Mehr als 750 Millionen bremisches Steuergeld flossen in den letzten zehn Jahren in den Vulkan. Als Klöckner die Bremer Stahlhütte loswerden wollte und die EG beherrschenden Staatseinfluß untersagte, revanchierte der Vulkan sich und übernahm einen Stahlhüttenanteil. Seitdem Hennemann sich eine Kapitalaufstockung nach der anderen genehmigen ließ und bundesweit ein Sammelsurium von Firmen aufkaufte, wuchs der Konzern aber über die bremischen Dimensionen hinaus. Der Jahresumsatz des Konzerns näherte sich dem bremischen Staatshaushalt, als der Vulkan die Ost-Werften übernahm. Abermillionen Subventionen füllten die Konzernkassen. Vorwürfe aus Brüssel, daß mit dem Aufbau-Ost-Geld auch die West-Hälfte des Imperiums über Wasser gehalten worden sei, konnten nie belegt werden.

Auf der letzten Bilanz-Pressekonferenz dozierte Hennemann, bei der Konsolidierungs-Strategie läge man im Plan und für das Jahr 1995 werde es erst mal wieder eine bescheidene Dividende geben. Das war offenbar schöngerechnet. Die Banken merken das als erste, die mit Krediten aushelfen müssen. Hennemann scheint der Erfolg so zu Kopf gestiegen zu sein, daß er sich gesträubt hat, die Macht mit den Banken zu teilen. Eine schlechte Nachricht, befürchtet der Bremer Vulkan-Betriebsrat, für die kleinen Bremer Werften, die sich neben den hochmodernen Ost- Werften wie Zeugen aus einer versunkenen Zeit ausnehmen. Seit Monaten wird an einem bremischen „Standortsicherungs-Konzept“ gearbeitet, das bis heute keine vorzeigbaren Formen angenommen hat. Also doch keine Tellerwäscher-Geschichte, wie das Ende zeigt. Klaus Wolschner

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen