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Wie US-Demokraten in Berlin feierten"Das ist pure Katharsis!"

So feiern US-Demokraten in Berlin nach acht Jahren George W. Bush die Nacht der Erlösung: Ein Ortstermin

Ungewohnte Eintracht: McCain und Obama feiern gemeinsam in Berlin. Bild: dpa

Sorgfältig tupft Carmen ihre Augen ab. Die Mascara, aufgetragen für diese Nacht in Berlin, verläuft schon wieder. Carmens deutscher Freund, Uwe, steht untätig dabei und macht keine Anstalten, sie zu trösten.Weil Carmens Tränen Freudentränen sind.

Vor zwei Jahren begegnete die 23-jährige Teilzeit-Reiseleiterin dem schlaksigen Uwe an einer Tankstelle bei Pueblo, Colorado, einer Stadt, die für ihren hohen Anteil hispanischer Arbeiter bekannt ist - und die ebenso hohe Kriminalitätsrate. Sie musste da weg. Und nun steht Carmen im Babylon-Kino in Berlin-Mitte. Bei der Wahlnacht der "Democrats Abroad", einer Auslandsorganisation der US-Partei. Das ist, in jeder Hinsicht, Welten von Pueblo entfernt. Es ist Carmens Nacht - und nicht nur ihre. In dem ausverkauften Kino ist die Menge zusammengekommen, um zu feiern. Es ist die Nacht des Sieges, und diese Nacht gehört vor allem: Barack Obama.

"Mein Großvater hat die Republikaner gewählt, mein Vater ebenso. Und ich auch, für eine Weile." Bill aus Des Moines, Iowa, ist kein rundum glücklicher Mann: "Während meiner zwei Jahre im Irak ist mir das Lachen vergangen." Vier Generationen seiner Familie dienten stolz bei den US-Marines, bis zu diesem Vorfall bei Falludscha, über den Bill nicht gerne spricht: "Mir wurde klar, dass ich einen Krieg anderer Leute führte und dass das nicht länger mein Krieg war."

Es ist kein Geheimnis, dass die USA international isoliert sind und - von seinen eingefleischten Feinden ganz zu schweigen - auch die Verbündeten sich abwenden. Acht Jahre George W. Bush, das muss von vielen erst mal verdaut werden. Die USA waren mal bekannt für ihren ungebrochenen Patriotismus, durchdrungen von Werten wie Stolz, Ehre und Mut. Inzwischen haben viele Amerikaner gerade im Ausland lernen müssen, ihrem etablierten Gefühlshaushalt eine neue, vorher völlig unbekannte Regung hinzuzufügen: die der Scham. Und während US-Studenten vorsichtshalber mit einem Kanada-Fähnchen auf dem Rucksack durch Europa reisten, mischten sich bescheidenere, weniger selbstbewusste und fast demütige Töne in die üblichen "USA! USA!"-Gesänge.

"Es war hart, keine Frage. Das letzte Mal habe ich einen solchen Antiamerikanismus in Deutschland in den frühen Achtzigerjahren erlebt, als hier die Pershing-Raketen aufgestellt wurden", sagt Robert, ein Ingenieur. Er zog 1979 nach Deutschland, um bei seinem Freund Jürgen zu leben: "Das ist es, warum ich diese Nacht so genieße: Endlich können wir der Welt zeigen, dass wir, obwohl wir Dubya sogar einmal wiedergewählt haben, nicht alle schwachsinnig sind. Nur manche von uns …"

Im Babylon kommen inzwischen die Ergebnisse herein, Pennsylvania, Ohio … - und wie sie so auf der großen Leinwand auftauchen, wird langsam das ganze Ausmaß des Triumphes deutlich. Aber, wie der 59-jährige Robert sagt: "Ab morgen werden wir uns den Problemen der Zukunft zuwenden. Wir haben viel Arbeit vor uns, als Nation, als Volk. Aber heute Nacht … ich meine … das ist etwas anderes als ein 12-Punkte-Programm. Das ist pure Katharsis!"

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