Wie Irans Präsident seine Macht sichert: Ahmadinedschads Apparat
Irans Präsident Ahmadinedschad hat sich geschickt die Unterstützung des Militärs gesichert - und sich als Anwalt der verarmten Schichten inszeniert.
BERLIN tazAngesichts der massiven Proteste im Iran gegen die eklatante Wahlfälschung darf man nicht die Kräfte unterschätzen, die dem Staatsapparat nach wie vor zur Verfügung stehen. Den unbewaffneten Protestierenden steht ein Machtapparat gegenüber, der sowohl militärisch als auch ideologisch gut gerüstet ist.
Bereits vor Ahmadinedschads Amtsübernahme konnte man im Iran eine Entwicklung beobachten, die man als allmähliche Militarisierung bezeichnen könnte. Während bis vor wenigen Jahren die Macht in den Händen jener Generation lag, die zur Zeit der Revolution zu den engsten Kampfgefährten Ajatollah Chomeinis gehörte, bahnte sich langsam der Weg für die nächste Generation an, die jahrzehntelang die Hauptlast des islamischen Staats zu tragen hatte.
2004 gelang ihnen die Eroberung der absoluten Mehrheit im Parlament und 2005 des Amts des Präsidenten. Ahmadinedschad wurde nicht allein gewählt weil es seinen Anhängern gelang die Wahlen massiv zu manipulieren, sondern weil Angehörige seiner Generation, die inzwischen die Mehrheit bei den militärischen und paramilitärischen Organisationen stellten, ihn massiv unterstützten. Er selbst schlüpfte in die Rolle eines Bettelkönigs, eines Robin Hoods, und gewann die Herzen der ärmeren Schichten sowohl in der Provinz als auch in den Großstädten. Nach seiner Machtübernahme begann er sogleich den gesamten Staatsapparat umzukrempeln, die Experten wurden davongejagt und nahezu sämtliche Schlüsselpositionen mit seinen engsten Gefährten, zumeist führende Mitglieder der Revolutionswächter, besetzt.
Damit nicht genug. Er vergab die größten Staatsaufträge an die Organisation der Revolutionswächter, öffnete ihr den Zugang zum Ölgeschäft und überließ ihr die Kontrolle des lukrativen Schwarzmarkts. Damit wurde die Organisation nicht nur politisch, sondern auch ökonomischen zum wichtigsten Machtfaktor im Land. Hinzu kam die Milizenorganisation der Basidschis, die mehrere Millionen Mitglieder zählt, die ideologisch geschult und kampfbereit sind. Auch Geheimdienste und paramilitärische Organisationen reihten sich in dieser Front ein.
Ahmadinedschad hat zwar die Wirtschaft in die Katastrophe geführt, aber er hat es in seiner vierjährigen Amtszeit nicht versäumt, sich um die Menschen zu kümmern. Wie kein anderer Staatsmann reiste nahezu jede Woche in eine andere Provinz, verteilte Almosen, verschenkte Gelder und versucht damit die Bewohner für sich zu gewinnen. Das genau ist die Kraft, die bei der gegenwärtigen Auseinandersetzung der Opposition gegenübersteht - eine Militärmacht mit Millionen von Anhängern.
Hinzu kommt, dass Ahmadinedschad bislang die volle Unterstützung Ali Chameneis genießt. Der mächtigste Mann in der Islamischen Republik, der den Oberbefehl der Armee und Geheimdienste innehat, der die meisten Mitglieder des Wächterrats und den Chef der Justiz ernennt, hat in den vergangenen vier Jahren immer wieder den Staatspräsidenten in Schutz genommen und keine Gelegenheit verstreichen lassen, um ihm öffentlich Anerkennung zu zollen. Was beide, sowohl Ahmadinedschad als auch Chamenei, weitgehend verloren haben, ist die Unterstützung der Großajatollahs, was dazu geführt hat, dass man inzwischen von einem militarisierten islamischen Staat ohne islamische Instanzen spricht - was eine absurde Vorstellung wäre. Verloren haben die beiden auch die Unterstützung eines Teil des bisherigen Establishments, unter anderem die Rafsandschanis, Karrubis, Chatamis und nun auch Mussawis.
Wie wird die Macht auf die Demonstration und Proteste, die wohl die Mehrheit des Volkes vertreten, reagieren? Wird sie zu Kompromissen bereit sein und nachgeben und damit das Risiko eingehen, dass das tatsächlich der Anfang vom Ende wäre. Oder wird sie sich gegen die Opposition formieren und versuchen, die Proteste gewaltsam niederzuschlagen?
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