piwik no script img

What's hot, what's notStärk, stärk, stärk

■ Sting spielt einen sexy Butler: Geschmack in und um Hollywood

Was für ein wunderbarer Monat! Der anbetungswürdige Jim Carrey („Cable Guy“) ziert als Titelmann die Märzausgabe von Premiere. Carreys neue Komödie „Liar, Liar“ debütiert demnächst – mein Flug ist schon gebucht! Desweiteren: Die Berlinale naht – Kino, bis sich die Augen komplett in Schweineritzen verwandeln!

Außerdem sind es nur noch Tage bis zur 69. Oscar-Verleihung! Überall auf der Welt werden Roben gelüftet und Perlenketten versichert. Amerikanische Fernsehstationen ehren das freudige Ereignis mit speziellen Oscar-Preisträger-Programmen, wo sie alle noch einmal zu sehen sind: „Cleopatra“, „Sunset Boulevard“, „Elmer Gantry“... Stellen Sie sich nur einmal ein Berlinale-Würdigungsprogramm vor, mit ehemaligen Berlinale-Beiträgen wie Margarethe von Trottas „Das Versprechen“, den ich in freudianischer Verwirrung einmal „Das Verbrechen“ nannte. Eine Qual!

Neulich las ich ein Interview mit dem bekannten deutschen Darsteller Manfred Krug, in welchem dieser behauptete, daß die Deutschen im allgemeinen und junge deutsche Regisseure im besonderen es einfach nicht bringen mit dem Kino. Erstreckt sich Kommissar Krugs Hellsicht vielleicht auch auf ferne Kontinente?

Stellen Sie sich den vollkommen über Gebühr gelobten Film „Fallen Angels“ des „jungen Poeten-Regisseurs“ (Spiegel) Wong Kar-Wai nur einmal mit deutschen Schauspielern, in einer deutschen Stadt gedreht, vor. Ein schlimmerer Alptraum als der bereits auf hongkongisch verfügbare, doch vielleicht noch nicht der finsterste, denn der beliebte Popstar Sting (ehemals Police) gibt sich die Ehre als Schauspieler. In „Gentlemen Don't Eat Poets“, einer gothischen Farce, spielt Sting einen „sexy Butler“ – so die US- Presse –, der einem exzentrischen Aristokraten (Alan Bates) und seinem demolierten Hof zur Seite steht. Doch wer steht mir zur Seite, legt mir die Hand auf die Stirn und spricht „Stärk, stärk, stärk!“ zu mir wie Janoschs kleiner Tiger?

Denn das Unausdenkliche ist geschehen: Ich wurde kritisiert. Anlaß: Warum immer nur Hollywood? Forderung der Kollegen: Global denken, lokal handeln! Ich solle doch, bitte schön, endlich einmal eine Top-ten der zehn schlechtgekleidetsten taz- Männer aufstellen. Ich habe die Worte ganz wie die Jungfrau Maria in meinem Herzen bewegt und sofort verworfen, denn erstens sind solche Top- ten nicht meines Amtes, und zweitens las ich gerade hobbymäßig die Definition eines berühmten Modekünstlers über Stil. Giorgio Armani: „Stil und Geschmack bedeutet auszudrücken, daß man sich wohl fühlt.“ Zudem leiden Filmkritiker bekanntermaßen unter schwachen Augen (gewissermaßen das Hauptkennzeichen dieses Stammes), so daß gewisse Anblicke sowieso gnädig gemildert ausfallen. Zwei Oscars wurden übrigens am Montag bereits in New York vergeben – für Hosen, Fummel und Hemden. Sie gingen an Donna Karan und Ralph Lauren.

Anke Westphal

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen