What's hot, what's not: Wir sind schwanger
■ Was sind schon Zeitungen, Zeilenhonorare, Feuilleton-Schnösel! Wie Sie wissen, bekommen meine Freundin Jodie und ich demnächst ein Kind: Geschmack in und um Hollywood herum
Guten Tag, auf Wiedersehn/ morgen wird's noch mal so schön! Verzeihen Sie, werter Leser, aber so ist mir nun einmal. Sie sind mir gerade piep-e-gal. Sie stören mich geradezu. Jawoll, nun ist es heraus: Leser stören nur, und am stärksten als störend empfunden werden sie von Mitarbeitern der Presse! Mein Leben steht vor einem ful-mi-nanten Umbruch und Durchbruch. Wie aufregend!
Was sind schon Zeitungen, Zeilenhonorare, Feuilleton-Schnösel! Ich sage nur „blühende Landschaften“, wenn auch eher um die Taille herum! Meine Freundin Jodie und ich, wir bekommen nämlich ein Kind. Sie wissen es ja, einig waren wir uns schon lange, und Jodie hat das Kleine nun an verläßlicher Quelle besorgt, Ende '97 haben wir es dann offiziell bekanntgegeben.
Glück hat ja immer auch eine Kehrseite, und so muß denn auch einer darben und bleichen, sein Aug' von Tränen feucht, während meine Freundin Jodie und ich tanzen, springen und tirilieren. Darben muß George Clooney, denn ich habe mich von meinem George getrennt. Leser, selbstverständlich erinnern Sie sich noch an unsere, vor einem Jahr in dieser Zeitung bekanntgemachte Verlobung: der Kniefall, der Ring, die Milliönchen... Nun, Leser, es war nicht so doll, das Leben mit George.
Er hat schon wieder zugenommen. Dann die untragbare Frisur à la römischer Imperator! Schon meine Oma wußte: „Mach dir Locken / sonst bleibste hocken!“ Und dann Georgies Haustier, das Hängebauchschwein Max: Überall mußte die unästhetische Kreatur dabeisein, selbst im Verlobten-Bett, wo höchstens die sieben Qualitätszeitungen etwas zu suchen haben, die man Kurt Scheel zufolge allmorgendlich kontrolliert.
Schluß mit George, den Verlobungsring für nur 6,5 Millionen Dollar behalte ich natürlich, denn ich möchte ihn unserem zukünftigen Kinde schenken. Ich habe ein anmutiges Herz, und ein Kind, ach, wie erheitert es mein Gemüt...
In zwei Monaten ist es soweit. Ich werde die grüne Chirurgenmütze überstülpen, die mir – gleiche ich nicht einer Lilie – ausgezeichnet zu Gesicht stehen wird, und „Pressen!“ brüllen wie ein Feldwebel. Natürlich wird Jodie in beispielhaft aufgeklärter Entbindung ein Mädchen zur Welt bringen, und natürlich wissen wir auch schon, was aus unserem Kinde einmal werden wird: eine Klavier spielende, Regie führende, absolut polyglotte, auf dem Gebiet der Neuro-Physiologie promovierte Olympiasiegerin im Vierhundert-Meter-Lauf – Fit for Paparazzis! – und Primaballerina.
Selbstverständlich haben wir vorab auch das völlig überschätzte Problem der Doppelbelastung berufstätiger Mütter gelöst. Wir werden die Wiege in Jodies Büro bei Egg Pictures aufstellen. Dann wird das eine Ende einer stabilen (Symbol!) rosablauen (Gleichberechtigung!, Androgynität!) Schnur an Jodies Fuß befestigt und das andere an der Wiege, so daß sich Filmproduzentinnenarbeit, Problemzonengymnastik und Mutterpflichten gleichermaßen entspannt und zeitsparend in einem Durchlauf bewältigen lassen.
Sollte unser Kind doch einmal schreien, quäken, quengeln, was natürlich völlig unwahrscheinlich ist, so liegt eine makellose Aufnahme von Celine Dions „Titanic“-Hit „My Heart...“ (wie geht es doch gleich weiter?) bereit, die wir sogleich als erzieherische Maßnahme abspielen werden. Um dem Anhören des Liedes zu entgehen, wird unser braves Kind sein Schreien flugs unterbrechen. Mein Mausezähnchen, die Jodie, und ich, wir sind sehr, sehr glücklich. Und nun – scheren Sie sich hinweg, Leser! Kaufen Sie uns niveauvolle Geschenke, aber wehe, wenn dieselben zu billig sind! Anke Westphal
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