Werbefachmann der CDU über Hessenwahl: "Koch ist eine Herausforderung"
Stephan Garbe muss Roland Koch im Wahlkampf verkaufen. Das ist nicht so einfach. Der Ausweg ist das Bild des erfahrenen Kapitäns, der das Land sicher durch die Krise steuert, sagt der Werbemann.
taz: Herr Garbe, ist es möglich, den Leuten Roland Koch sympathisch zu machen?
Stephan Garbe, 32, ist geschäftsführender Gesellschafter der Hamburger Werbeagentur shipyard, die die Hessen- CDU betreut.
Stephan Garbe: In den letzten Jahren wurde in der Berichterstattung vielfach in dieselbe Kerbe gehauen. Interessant ist, dass ich zu den vielen gehöre, die die Erfahrung machen, dass Koch viel sympathischer ist, als er im Fernsehen rüberkommt. Zudem geht es in diesen schwierigen Zeiten nicht um Sympathiewerte, sondern um Kompetenz und Erfahrung.
Sie haben mit Hamburgs CDU schon Ole-Wahlkämpfe gewonnen. Warum nennt niemand Koch "Roland"?
Weil er ein ganz anderer Typ ist als Ole von Beust. Die beiden schätzen sich. Aber sie sind sehr unterschiedlich. Roland Koch ist kein Kumpeltyp und er versucht nicht, es künstlich zu werden.
Ist das ein Problem für Sie?
Nein. Bei einem Kumpeltyp haben Sie es besonders einfach. Aber das ist ja so reizvoll: Im Bereich der Landtagswahlkämpfe gibt es keine spannendere Herausforderung als die, für Roland Koch zu arbeiten.
Ihre Agentur trägt den Namen shipyard, das heißt Werft. Was ist an Hessens CDU futsch?
Futsch?
Was repariert die Werft?
So weit würde ich nicht gehen. Wir versuchen gemeinsam mit der Agentur Kolle Rebbe einen Weg zu finden, der in die Zeit passt und die Stärken der Hessen-CDU nach vorne stellt. Da geht es mehr um Neujustierung.
Sie bauen Koch als Krisenmanager auf?
Auf dem Schiff ist Roland Koch unser Kapitän, der uns durch die Untiefen und den Sturm führen kann. Die SPD hat die alte Mannschaft und einen Anfänger. Wir haben einen erfahrenen Ministerpräsidenten.
Als Sie den Job übernahmen, versprachen Sie, Sie wollten einen ruhigen, sachlichen, zeitgemäßen Wahlkampf. Heißt das keinen wie den letzten: laut, mit Ängsten arbeitend, Rückfall ins letzte Jahrhundert?
Zum letzten Wahlkampf will ich mich nicht äußern. Allerdings gehen die Zeiten, wo man Wahlkämpfe mit Paukenschlägen geführt hat, langsam zu Ende.
Hätten Sie den Slogan gebracht: "Ypsilanti, Al-Wazir und die Kommunisten stoppen"?
Nein. Ich habe eine andere Auffassung von Kommunikation. Für politische Kommunikation gelten dieselben Maßstäbe wie für kommerzielle Werbung. Dort ist das Niveau mittlerweile sehr hoch und das muss auch für Politik gelten: Der Konkurrent sollte nicht mehr so marktschreierisch angegangen werden.
Aber dass die CDU das letzte Mal mit den Ängsten vor fremd klingenden Namen gearbeitet hat, fanden Sie kein Problem.
Na ja, die CDU hat mit dem Plakat genau vor dem Wortbruch gewarnt, den es dann ja gegeben hat, und bei aller Liebe: Frau Ypsilanti und Herr Al-Wazir heißen nun mal nicht Müller und Meier.
Das war ja gerade das Subtile, dass man sich darauf zurückziehen konnte. "Müller und die Kommunisten stoppen" - so wäre nicht getextet worden.
Weiß ich nicht. Für mich ist es Geschichte und man hat ja auch Lehren gezogen. Das ist ja unbestritten.
Wo liegt Ihr Schwerpunkt?
So einen kurzen Wahlkampf habe ich noch nicht erlebt. Für mehrstufige Mailings bleibt keine Zeit. Plakate sind besonders wichtig, das Internet, Veranstaltungen und Medienarbeit.
Kämpfen Sie besonders um Alte oder Junge?
Natürlich wird die Zielgruppe der ab 55-Jährigen immer wichtiger, das gilt auch für die SPD. Aber jetzt in Hessen wird nicht fein aufgeclustert werden. In so einem kurzem Wahlkampf können Sie im Prinzip nur noch mit Schrot schießen und ihre Botschaften an alle Wähler gleichermaßen adressieren.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste
Warnung vor „bestimmten Quartieren“
Eine alarmistische Debatte in Berlin
Internationaler Strafgerichtshof
Ein Haftbefehl und seine Folgen
Krieg in der Ukraine
Geschenk mit Eskalation
Krieg in der Ukraine
Kein Frieden mit Putin
Haftbefehl gegen Netanjahu
Begründeter Verdacht für Kriegsverbrechen