: Wer hat, dem wird gegeben
■ Hannover 96 hatte gegen den Werder-Sturmwirbel und einen Heimschiedsrichter keine Chance / Bremer 4:1-Sieg: ein Plädoyer für Angriffsfußball
Woran hat‘ s gelegen, daß Hannover 96 im Pokalspiel bei Werder Bremen mit 1:4 verlor? Karsten Surmann, Abwehrspieler aus Hannover, weiß es: „Der Teufel
scheißt immer auf den größten Haufen.“ Wenn er mit dem Teufel den Herrn in Schwarz, Schiedsrichter Mathei, meinte, hat Surmann nicht ganz unrecht. Werder konnte mit der Schiedsrichter-Leistung zufrieden sein, der Schiri -Beobachter des DFB sicherlich nicht: Wenn ein Gästespieler (Zechel) einen Gastgeber (Hermann) zweimal umsäbelt, ist die gelbe Karte selbstverständlich; wenn ein Gastgeber (Riedle) einen Gast mit geschicktem Griff zum Trikot aussteigen läßt, verdient das Beifall des Publikums und Einvernehmen des Schiedsrichters.
Das kennen wir. Härter wird es, wenn übles Nachtreten (Schaaf) gegen einen gerade Umgesäbelten (Reich) nur mit Weiterspielen bedacht wird; wenn eben jener Reich, mit Notbremse an der Strafraumgrenze auf den Rasen gelegt, wegen angeblichen Daueraufenthaltes auf dem grünen Gras die gelbe Karte gezeigt bekommt; wenn schließlich Burgsmüller nicht abseits gepfiffen wird, nur damit er die Chance hat, ein technisch perfektes Spielchen mit Ball und Torwart Raps zum 3:0 abzuschließen.
Seis drum. Früher haben wir das gleiche ja bei Bayern München beklagt: Wer hat, dem wird
gegeben, von den Schiedsrichtern und auch sonst im Fußball. Aber im Fußball hat man nichts, vor allem auf Dauer, ohne gute Leistung. Und die zeigte Werder auch ohne Schiedsrichters Hilfe. Es gibt, entgegen aller Vorurteile, nicht nur guten Fußball in der BRD, es gibt auch gute Fußballer: Meier, Hermann, Burgsmüller und Sauer zeigten am Samstag, was ihre Füsse an Ballgefühl und ihre Gehirnzellen an Spielideen haben, läßt man sie nur tun, was sie können. „Man“ - das ist der Trainer, der selten genug in einer Spielzeit bei Werder die vier zugleich offensiv - das heißt Libero Sauer vor der Abwehr - agieren ließ. In unseren Statistiken mußten wir lange zurückblättern, um zu finden, wann diese vier einmal von Beginn an zusammen zaubern durften.
Werders Spiel, daß war ein Plädoyer für Angriffsfußball, für schnelle Kombinationen, Tricks, für den verloren geglaubten Diagonalpaß, für das Spiel mit wendigen Außenstürmern, für Flankengötter, für Torschüsse aus dem Hinterhalt und für direktes Überleiten aus der Abwehr in den Sturm. 12.500 Zuschauer riefen immer wieder nach Zugaben.
Vor einem Jahr verkündete nach wenigen Bundesliga-Spie
len ein findiger Journalist über den damaligen Fußballmonopol-Fernsehkanal, Bayern sei die Meisterschaft nicht zu nehmen. Die taz konterte damals, nicht nur aus Lokalpatriotismus, und setzte auf Werder. Am Samstag sahen viele, auch Presseleute, Werder schon wieder als Meister. Otto Rehhagel dämpfte die Zuversicht: “ So können wir nicht jede Woche spielen. Jeder Gegner erfordert eine andere Taktik. Punktspiele laufen anders als Pokalspiele.“
Womit wir wieder beim Anfang wären. Solche Tore, wie sie Neubarth und Burgsmüller je zweimal ins Tor tricksten und köpften, werden wohl eher die Ausnahme in einer taktisch bestimmten Saison bleiben. Allemal ist das Ausschalten eines Gegners mit allen Mitteln (worunter wir Reinsäbeln, Festhalten, Draufspringen und Umreißen zu verstehen haben), wichtiger als die Spielkunst von technisch gewandten Fußballern. Borowka, nicht Burgsmüller ist Nationalspieler. Und wenns hart auf hart kommt, muß der Teufel eben wieder auf den größten Haufen scheißen. Oder der Schiedsrichter mit denen sein. die oben stehen. Dafür scheint gesorgt.
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