Wer betreut die todkranken Kinder?: Hospizstreit um Braunschweig
Der Verein Löwenherz für todkranke Kinder aus Syke arbeitet jetzt auch in Braunschweig. Der dortige Hospizverein bewertet das als unfreundlichen Akt.
HAMBURG taz | Über die Hospizarbeit in Braunschweig ist ein Konflikt entbrannt. Der Hospizverein Löwenherz aus Syke bei Bremen hat dort in der vergangenen Woche einen Stützpunkt eröffnet – sehr zum Verdruss des örtlichen Vereins „Hospizarbeit Braunschweig“. Dieser ärgert sich, dass er im eigenen Revier Konkurrenz bekommen soll. „Wir sind enttäuscht, dass ein ehemaliger Kooperationspartner macht, was er will“, sagt Ulrich Kreutzberg, der Geschäftsführer der Hospizarbeit Braunschweig.
Beide Vereine arbeiten hauptsächlich mit Ehrenamtlichen und einem kleinen Stab an Festangestellten. Beide kümmern sich um die Betreuung Sterbender und deren Familien, wobei sich Löwenherz auf die Arbeit mit Kindern spezialisiert hat und auch die Ehrenamtlichen anderer Hospizvereine für die Arbeit mit Kindern schult.
Auch für Braunschweig hat Löwenherz bis vor kurzem noch die Mitarbeiter betreut. Doch das ist jetzt vorbei. „Wir haben uns als regionaler Hospizverein entschieden, aus der Kooperation herauszugehen, weil wir uns nicht so behandelt fühlen, wie wir uns das wünschen“, sagt Kreutzberg. Stattdessen wolle Braunschweig jetzt zusammen mit Gifhorn, Salzgitter, Wolfenbüttel und Wolfsburg eine Schulung und Supervision aufziehen.
Neben der Frage des Umgangs miteinander stört Kreutzberg, dass mit Löwenherz jetzt eine zweite Organisation um die Gunst der Spender werben könnte. Hospizarbeit wird zu einem wesentlichen Teil durch Spenden finanziert und für Kinderhospize wird nach Auskunft des Deutschen Hospiz und Palliativverbandes besonders gerne der Beutel geöffnet. Dabei legten die Hospize Wert darauf, von der jeweiligen Bürgerschaft finanziert und betreut zu werden. „Jeder Euro, der da ausgegeben wird, wird nur einmal ausgegeben“, warnt Kreutzberg.
80.000 Ehrenamtliche engagieren sich in der Hospizarbeit in Deutschland.
30 Stationäre Hospize gab es 1996, 2014 waren es mehr als 200.
Die ambulanten Hospiz und Palliativdienste zählten 451 in 1996; 2014 waren es 1.500.
Löwenherz besteht aus einem Trägerverein, der zwei ambulante Dienste und eine stationäres Hospiz betreibt.
Auch der Verein Hospizarbeit Braunschweig organisiert einen ambulanten Dienst. Außerdem ist er an einem stationären Hospiz beteiligt.
Löwenherz habe in Braunschweig kein gezieltes Fundraising betrieben und gedenke das auch fürderhin nicht zu tun, versichert dessen Pressesprecher Heiner Brock. Die Idee zu einem Stützpunkt in Braunschweig sei entstanden, weil die Vereine den Ehrenamtlichen aus Braunschweig den zweieinhalbstündigen Weg zur Supervision nach Syke ersparen wollten.
Dann habe Braunschweig plötzlich nicht mehr mitmachen wollen. Zudem hätten Eltern aus der Region Löwenherz direkt um eine Betreuung gebeten. Also habe sich Löwenherz entschlossen, in Braunschweig nicht nur Schulung und Supervision anzubieten, sondern ein eigenes Team an Ehrenamtlichen aufzubauen.
Brock zufolge kommt Löwenherz der Braunschweigern damit nicht in die Quere: Löwenherz sei auf Kinder spezialisiert, die von der Hospizarbeit nur unter ferner liefen mitbetreut würden. Bedarf gebe es genug.
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