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Archiv-Artikel

Wer arm ist, zahlt bei Banken mehr

Verbraucherzentrale kritisiert Hamburger Geldinstitute. 12.500 Hamburger bekommen nicht mal ein Girokonto. Ärmere zahlen höhere Kontogebühren und bekommen weniger Zinsen. Und Arbeitslosen kommt der Dispo-Kredit teuer zu stehen

von KAIJA KUTTER

Hamburger Geldinstitute gehen zunehmend dazu über, arme Kunden bei Kredit- und Kontokonditionen zu diskriminieren. „Das ist ein frisches Phänomen, das gab es so vor 10 Jahren noch nicht“, erklärte gestern Günter Hörmann von der Verbraucherzentrale. Diese hatte Anfang März die Angebote verglichen und zwei Testkunden losgeschickt. Fazit: Arme Leute zahlen mehr Gebühren und Zinsen, und sie erhalten weniger Rendite.

„Wir fordern, dass alle Kunden gleich behandelt werden“, sagte Hörmann, der die Ergebnisse anlässlich des am Montag rund um den Globus begangenen „Weltverbrauchertages“ vorstellte. So könne es nicht angehen, dass rund 12.500 Hamburger noch nicht mal ein Girokonto bekommen. Eine Stichprobe der „Arbeitsgemeinschaft Schuldnerberatung“ habe ergeben, dass Kontoverweigerungen in neun von zehn Fällen unberechtigt waren.

Beispiel Barzahlung: Für Kontolose wird das Zahlen teuer. 40 bis 80 Euro müssen sie für monatlich wiederkehrende Bareinzahlungen wie Miete, Telefon, Strom und Versicherungen ausgeben, weil die Banken hierfür zwischen 5 und 10 Euro (Deutsche Bank) kassieren. Hörmann fordert nun ein Bundesgesetz, das jedem Verbraucher zumindest ein Girokonto auf Guthabenbasis, also ohne Dispositionskredit, garantiert. Dies hatten die Kreditinstitute eigentlich schon 1995 per „Selbstverpflichtung“ versprochen. Hörmann sagt: „Unsere Geduld ist am Ende.“

Beispiel Girokonto: Doch auch bei den Preisen für Girokonten werden ärmere Kunden benachteiligt. Die Postbank bietet erst ab 1.000 Euro „Mindestumsatz“ ein kostenloses Konto an, darunter zahlen Kunden monatlich 5 Euro 90. Auch Norisbank, Citibank und SEB-Bank bieten einen günstigen Giroservice erst ab bestimmer Umsatzhöhe an. Hörmann nimmt an, dass diese Preise solvente Kunden binden und arme abschrecken sollen.

Bespiel Ratenkredit: Für Kredite zahlen ärmere Menschen höhere Zinsen. Hier bilden derzeit nur Postbank und Comerzbank die positive Ausnahme – mit einem Einheitszinssatz für alle Kunden. Der „Pionier der Einkommendiskriminierung“, so Hörmann, ist die Citibank mit einem Zinsunterschied von 78 Prozent für einen 10.000-Euro-Kredit: Bei einem Einkommen bis 1.499 Euro zahlen Kunden 12,38 Prozent, bei mehr als 2.500 Euro Einkommen nur 6,96 Prozent. Da viele Banken den Kunden teure Zusatzprodukte wie „Restschuldversicherungen“ aufdrängen, erhöht sich der effektive Jahreszins auf 40 Prozent.

Beispiel Sparanlagen: Arme bekommen auch weniger Zinsen für ihr Erspartes. Selbst die Postbank zahlt dem Kunden beim „Sparen 3000 plus“ für ein Guthaben unter 3.000 Euro nur 0,5 Prozent, ab 50.000 Euro aber 2,7 Prozent Zinsen pro Jahr.

Beispiel Dispositionskredit: Wird ein Kunde arbeitslos, wird auch der eingeräumte Dispositionskredit teurer. Aus dem „‚eingeräumten‘ Kreditrahmen wird schnell ein ‚geduldeter‘ Kreditrahmen mit höheren Zinsen“, erklärt Verbraucherberaterin Hjördis Christiansen. Die Deutsche Bank nimmt beispielsweise für diesen Überziehungskredit dann 17,25 statt 12,75 Prozent Zinsen, die Haspa auch ein Drittel mehr.

Die Verbraucherschützer empört, dass Banken „ohne Ansehen des Einzelfalls“ die Kunden nach Einkommen unterscheiden und dies zum „Normalfall“ wird. Mit einem höheren Risiko sei dies nicht zu rechtfertigen. Schließlich, so Hörmann, seien Riskien „individuell“ und auch Wohlhabende vor Arbeitslosigkeit oder Scheidung nicht gefeit.