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■ Wer Steuern zahlt, ist selber schuldReligionsersatz

Ich bin ein leidenschaftlicher Steuerhinterzieher. Das soll man natürlich nicht sagen, aber für mich ist das eine Art Religion geworden. Denn wer bei uns in Italien wohnt, muß sich wirklich fragen: Wofür bezahle ich eigentlich Steuern? Die Straßen sind schlecht, das Gesundheitswesen existiert überhaupt nicht mehr, die Post braucht Wochen, die Polizei und die Carabinieri taugen nur für farbenprächtige Aufmärsche und Pferderennen, und Pensionsansprüche werden erst nach Jahren erfüllt, auch wenn man sein Leben lang bezahlt hat.

Verteidigungsaufgaben gibt es keine mehr – oder nur noch rudimentäre. Ich habe ausgerechnet, daß dafür jeder Bürger pro Jahr allenfalls noch 200.000 Lire (etwa 210 Mark) bezahlen müßte. Doch auch hier habe ich meine Zweifel – unsere Armee taugt nicht einmal zum Katastrophenschutz. Und dann lese ich auch noch täglich, wie viele Milliarden Lire Schmiergelder jeder, aber auch jeder Politiker einer jeden Partei eingestrichen hat – neben seinem Gehalt natürlich, für das wir ebenfalls aufkommen. Wofür zahle ich also?

So habe ich beizeiten angefangen, mein Einkommen zu verschleiern und vor allem dort in Sicherheit zu bringen, wo es ungestört wachsen kann, statt ständig zur Kasse gebeten zu werden. Nun bin ich andererseits aber nicht unbedingt ein Krösus, und auch die Steuerparadiese haben ihre Haken – man braucht schon sehr, sehr viel Geld, um dort vor Anker gehen zu können. Ansonsten darf man dort nicht einmal ein kleines Depot anlegen. Also habe ich mich mit vier Freunden zusammengetan – auf diese Weise hatten wir das Einstandsgeld für Monaco. Das haben wir dann immer mal wieder von Konto zu Konto verschoben, um Bewegung vorzutäuschen und den Banken vorzugaukeln, wir wären wer.

Das freut mich im Grunde am meisten: Wir haben nicht nur die italienischen Behörden geleimt, sondern darüber hinaus die Steuerparadies-Verwalter übers Ohr gehauen, denn wenn ich es richtig sehe, sitzt dort – neben uns – auch ein Großteil derer, die mit dem Griff in unsere Taschen ihre Schäfchen ins trockene bringen. C.B.

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