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Wer Ausländer einlädt, wird gespeichertDie neue Vorratsdatenspeicherung

Die Bundesregierung will Informationen über ausländische Gäste und ihre Gastgeber speichern. Vereinsvorsitzende und Pfarrer sollen ebenso registriert werden wie Terroristen und Drogendealer.

Will immer mehr Daten speichern: Innenminister Wolfgang Schäuble. Bild: reuters

Die Bundesregierung plant eine neue große Vorratsdatenspeicherung. Um Tricksereien bei der Visa-Vergabe zu verhindern, sollen alle Privatpersonen und Organisationen, die visumspflichtige Ausländer einladen, künftig zentral gespeichert werden. Dies sieht ein Gesetzentwurf von Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble vor, der der taz vorliegt und am 4. März im Kabinett beraten werden soll.

Aus den meisten Ländern der Welt kann man nur mit einem Visum nach Deutschland einreisen. Das Visum wird vor der Abreise bei der deutschen Botschaft im Heimatland des Ausländers beantragt. Dort werden vor allem der Reisezweck und die Rückkehrbereitschaft geprüft, um illegale Einwanderung zu vermeiden. Wer einen Besuch oder eine Geschäftsreise machen will, muss bisher schon angeben, wer ihn eingeladen hat. Die neue Datei soll den Botschaften die Prüfung der Einlader erleichtern.

Eigentlich besteht die geplante "Visa-Einlader und Warndatei" aus zwei Dateien. In der Einladerdatei werden alle Einladungsvorgänge gespeichert, während in der eigentlichen Warndatei Personen aufgelistet werden, die schon einmal mit Visa-Missbrauch, Terror oder schweren Drogendelikten aufgefallen sind. Die Dateien werden beim Bundesverwaltungsamt in Köln eingerichtet.

Wenn künftig also die deutsche Botschaft in Nairobi oder Kiew über einen Visumsantrag entscheidet, dann fragt sie vorher in der Kölner Datei ab, ob Erkenntnisse über den Einlader vorliegen. Hinweise aus der Warndatei werden stets weitergegeben. Informationen über bisherige Einladungen erhält die Botschaft dagegen nur, wenn die Person in den vergangenen 24 Monaten mindestens fünf Einladungen ausgesprochen hat. Die Einladung eines Chors gilt dabei als eine Einladung.

Falls der Einlader als "Vieleinlader" qualifiziert wurde oder in die Warndatei aufgenommen wurde, dann soll die Botschaft den zugehörigen Visumsantrag besonders gründlich prüfen. Da die Botschaften aber wohl nicht mehr Personal erhalten, werden sie den Antrag oft vermutlich einfach ablehnen.

Bundesjustizministerin Brigitte Zypries (SPD) hatte sich lange gegen die vorsorgliche Speicherung von völlig unverdächtigen Unternehmen, Vereinsvorsitzenden und Pfarrern gewehrt. Ende vergangenen Jahres gab sie aber auf, weil Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) die Datei befürwortete.

Die rechtlichen Probleme bleiben jedoch bestehen. "Eine Datei, in der überwiegend rechtstreue Personen erfasst sind und sie mit dem Stigma eines Missbrauchsverdachts versieht, kann nur als unverhältnismäßig bezeichnet werden", heißt es in einer Stellungnahme von Pro-Asyl-Expertin Marei Pelzer.

Wenn es nicht um Einwanderungskontrolle ginge, sprächen CDU und CSU vermutlich von einem "bürokratischen Monstrum". Die Einrichtung der Datei kostet 6,8 Millionen Euro für neue Software, Computer und Leitungen. Für den Betrieb der Datei will die Regierung 46 neue Personalstellen schaffen.

SPD-Politiker hoffen, dass in offensichtlich unproblematischen Fällen die Visumsprüfung durch die neue Datei erleichtert wird, zum Beispiel, weil bei einem Vieleinlader kein Eintrag in der Warndatei besteht.

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17 Kommentare

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  • 1
    1kop1

    Am schönsten wäre es, wenn alles ohne Visum usw. funktionieren würde.

    Aber fahrt wirklich selbst mal in andere Länder, fragt die Leute dort und seht, dass Deutschland immer als Schlaraffenland dasteht. Wieviele Länder in der Welt haben eine funktionierende Versorgung, geschweige denn ein funktionierendes Rechts- und Sozialsystem?? Ganz normal, dass man gerne nach Deutschland will.

    Wenn Euch die Einreisebeschränkungen nicht gefallen, dann schlagt den Verantwortlichen doch etwas Besseres vor.

     

    Die Datenspeicherung ist eine ganz andere Frage. Ich bin grundsätzlich dagegen. Ein Zuhälter oder Heiratsmakler wird die Leute sicher nicht alle selber einladen.

    Aber wer hat eigentlich in die Welt gesetzt, dass speichern gleich verdächtigen ist? Heute wird doch alles von irgendwem gespeichert und beim Staat auch schon nach 6 Monaten gelöscht. Auch glaube ich nicht, dass ein Visum abgelehnt wird, bloß weil der Einladende das häufiger macht. Es gibt Reisebüros, die täglich 100e von Einladungen verschicken, und Firmen, die Geschäftspartner einladen. Da würde ich mir als Bürgerlein mal keine Sorgen machen.

  • N
    NDH

    Das Vorhaben von Wolfgang Schäuble ist unglaublich. Abgesehen von der Wiederholung der Geschichte gibt es hier wieder einen Generalverdacht, denen es auszuräumen gibt. Ich wünsche mir eine Welt, in der wir prinzipiell vom Guten im Menschen ausgehen. Dann wäre natürlich der Job des Innenministers nur noch halb so spannend, weil man ja keine Feindbilder projezieren könnte. Armes Deutschland, Arme SPD. Was denkt die eigentlich wie viel einem Mitglied noch zuzumuten ist?

  • WK
    Wolfgang Kluge

    Lieber Herr Tobias W.,

    Wenn mir das mit meiner Frau (auch Chinesin) passiert ware, dann waere aber in einer Stunde spaetestens eine Klage beim Verassungsgericht anhaengig. Das Grundgesetz verlangt den Schutz der Familie als oberstes Gut, wass ganz offensichtlich eine Trennung, aus welchen Gruenden auch immer, nicht zulaesst. Und Sprachkenntnisse in Deutsch bei Eheleuten zu verlangen ist eine Unverschaemtheit.

  • SM
    Stefan Müller

    1984 läßt grüßen.

  • L
    lindinchen

    Der Verfassungsschutz wurde nach dem 2. WK gegründet um "den Bestand der freiheitlich demokratischen Gundordnung" zu sichern. Zentrale Aufgabe war der Grundrechteschutz (der zusätzlich durch Artikel 79 GG, der so genannten "Ewigkeitsklausel" gesichert wurde.

     

    1972 erweiterte sich sein Aufgabenbereich um den "Bestand und die Sicherheit des Bundes und der Länder" zu gewährleisten (vom Verfassungs- zum Staatsschutz).

     

    Wenn nun jemand offensichtlich und massiv auf den Abbau der bürgerlichen Freiheitsrechte hinarbeitet, Gerichtsurteile des obersten deutschen Gerichtes ignoriert (s. Flugsicherheitsgesetz) und so nicht nur gegen verfassungsrechtlich garantierte Grundrechte, sondern auch gegen das leitende Prinzip der Verhältnismäßigkeit verstößt, -

    - ist nicht gerade der ein "Verdächtiger", ja gar ein "Staatsfeind" und sollte man diesen nicht aus verfassungsrechtlichen schweren Bedenken im Auge behalten und ggf. auch Zwangsmaßnahmen anwenden?

     

    Ich bin mir sicher, hätte das Bundesministerium des Inneren nicht die Oberaufsicht über den Verfassungsschutz, wären Schäuble oder Schilly die längste Zeit Innenminister gewesen; weil verfassungsfeindlich.

  • C
    cassandra

    Das alles - es ist eine Katastrophe. Aber sie widerfährt uns nicht - wir lassen sie zu!

     

    Wehren wir uns. Wir dürfen nicht zulassen, daß wieder einmal gilt: History teaches nothing.

  • CS
    Christian Schuch

    Wer bis jetzt noch daran gezweifelt hat, das Schäuble für eine faschistoide Politik steht, dürfte wohl mit dieser Nachricht seine letzten Zweifel eingebüßt haben.

  • R
    renobandit

    Ganz neu ist der Vorschlag ja nicht, unverständlich das Verhalten der SPD. Gerade Jetzt, wo man doch schon am Wahlkämpfen ist, solte sich die SPD vielleicht darauf besinnen das viele sie einfach deshalb wählen weil sie nicht immer jeden Blödsinn mitmachen.

     

    Wie ist das dann eigentlich mit Geschäftsreisen nach Deutschland ?

    Da ist doch eine Einldaung nötig, oder?

    umso reger die internationalen Geschäfte, desto höher die Wahrscheinlichkeit, das die Partner der Einladenden Firmen nicht mehr nach D-dürfen ?

    oder baut man dann für größere Firmen größere Ausnahmen ? also Siemens und Telekom kommen auf die Whitelist (weil diese Frimen sich ja immer an alle Gesetze halten und als Hort der Moral gelten) der klein-Unternehmer auf die VielEinlader-Liste, weil er keine Lobby hat.

     

    Und wie isses mit Künstlern?

    also, Galeristen oder Promoter als Viel Einlader?

     

    Wie ist das in Deutschland mit Freier Berufswahl ?

    Du darfst alles sein nur es sollte nicht zu viel mit Ausländern zu tun haben... ?

  • B
    Boiteltoifel

    Zur Prüfung der Notwendigkeit einer solchen Datei könnte man eine kleine Statistik erstellen:

    1. Wieviele Visa werden jährlich erteilt?

    2. In wievielen dieser Fälle kam es nach Einreise in das Bundesgebiet tatsächlich zu einem Mißbrauch?

     

    Wenn die deutsche Auslandsvertretung Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Einladung hat, kann sie jederzeit mit der Ausländerbehörde Kontakt aufnehmen. Dort liegt ein Doppel der Einladung für genau solche Fälle.

     

    Die Einrichtung der Visadatei ist in meinen Augen tatsächlich mit nichts als Verfolgungswahn, der daraus resultierenden Datensammelwut und allgemeinen Schuldvermutung (an was auch immer) der gesamten Bevölkerung zu begründen. Wie schön sich die Daten dann mit einer bestimmt nicht vorhandenen Fingerabdruckdatei bei der Bundesdruckerei abgleichen lassen, möchte ich gar nicht wissen.

     

    Totale Paranoia!

  • Q
    Quasimodo

    Dieser Typ ist für die zivilisierte Welt einfach unerträglich. Es geht den einen Scheissdreck an, wen ich wann und egal von woher zu mir einlade und wer mein Gast ist.

  • P
    pdoc

    Früher kam jedes Jahr meine Familie aus dem westlichen Teil Deutschlands zu Besuch. Da wurde von der DDR auch immer abgecheckt, ob dies OK sei.

    Die Geschichte wiederholt sich und der Pöbel will es nicht mitbekommen. Es geht ja bald wieder Formel 1 los......

  • S
    Steffi

    Ich hab tatsächlich beim ersten Überfliegen gelesen:

    "Will immmer mehr Innen speichern: Datenminister Wolfgang Schäuble."

  • UF
    Ullrich F.J. Mies

    Eigentlich hätten kranke Hirne in der Politik nichts zu suchen - eigentlich.

  • JH
    Jörg hammerlein

    So etwas gab es schon einmal zuletzt auch in Deutschland - in der ehemealigen DDR !!!!!!

    Hier hielt der Abschnittsbevollmächtigte (ABV)alles fest, damit ja kein "böser Spitzbube - insbesonders aus der kapitalistischen BRD - das sozialistische System "DDR" aus dem Tritt brachte.

    Unser geniales Stück IM-DNA Wolfgang Schäuble hat es seinerzeit verteufelt, will es aber unter dem Hintergrund Terrorismus und Erschleichen von Sozialleistungen wieder einführen.

    Wie hieß noch mal der alte DDR-Kämpferspruch: vom sozialismus lernen.

    Wie groß muss der IQ von Wolfgang sein, wenn er solche längst überfälligen Thesen beherzigt?

  • P
    paul

    na dann gönnen wir denen doch mal den spass!!!

    laden wir doch mal wieder unsere freunde ein...

    und lassen uns alle in die datei eintragen,

    was für eine sauerei!

  • U
    Ulf

    Will Schäuble eigentlich der größte Stasi-Spion aller Zeiten werden, oder was?

    Traurig ist, dass solche Menschen in unserer Politik das Sagen haben. Keine Ahnung von der Technik, aber höchst Erfindungs-reich, um alle Aktivitäten der Bundesbürger zu überwachen.

     

    "Es gibt kein Entkommen, ihr Würmer. Ich mache die Regeln. Hahahahahahahahahahahahha."

    Ist das hier ein trashiger Comic, wo Schäuble ein Bösewicht ist und sich als Superheld tarnt.

     

    Wieso nicht gleich eine Kamera in jedes Zimmer und unter die Dusche. Livecam der Bundesbürger, schauen sie sich Tante Erna beim Bombenbasteln an.

    Unter ihrem weiten Rock schafft sie es unter Respekt vor ihrem Alter in die Ballungszonen und zieht den Djihad durch.

     

    Falls wir es noch nicht gemerkt haben. Überwachung ist der Terror schlechthin. Der Terror der Regierung gegen den einzelnen Menschen.

  • TW
    Tobias W.

    Ich bin mit einer chinesischen Staatsbürgerin verheiratet. Mittlerweile ist sie nach Deutschland eingereist und wir leben wieder zusammen (nach 7 Monaten der Trennung auf Grund deutscher Einwanderungsbestimmungen). Es ist absehbar, dass im Laufe der nächsten Jahre Verwandschaft und Freunde aus China regelmäßig zu Besuch kommen werden. Die Tatsache, dass wir uns dadurch so verdächtig machen, dass man anfängt eine Akte über uns anzulegen, finde ich beschämend. Das hat Parallelen zur DDR, in der auch Akten über Menschen angelegt wurden, die sich nicht konform oder normfremd verhielten.

     

    Visumsangelegenheiten werden heute in Deutschland ohnehin schon sehr restriktiv gehandhabt. Während ich in Deutschland auf meine Frau wartete, die für ein Visum zur Familienzusammenführung Deutschkenntnisse formal durch ein A1 Zertifikat eines Goetheinstituts in China nachweisen musste, bevor an einen Visumsantrag überhaupt zu denken war, hatte ich das persönliche Pech mehrere Wochen in einem Krankenhaus zu verbringen, nachdem ich unerwartet operiert werden musste. Das deutsche Konsulat Chengdu versicherte mir persönlich, dass es für meine Frau nicht möglich sei, mit einem Besuchervisum kurzfristig nach Deutschland einzureisen, um mich am Krankenbett und in der Zeit der Rehabilitation zu unterstützen. Der Grund: weil wir verheiratet sind, wäre der formale Nachweis ihrer Reiserückwilligkeit nicht möglich gewesen.

     

    In diesem Kontext sollte man sich mal überlegen warum die deutsche Politik ständig auf der chinesischen Menschenrechtsproblematik herumreitet. Eine Familie in Zeiten der Not aufgrund von Visumsvorschriften auseinander zu halten, ist in meinen Augen ebenfalls eine grobe Menschenrechtsverletzung.

     

    Mit der neuen "Warndatei" wird das nicht besser, sondern eher noch schlimmer. Ich lehne diesen Unfug ab. Innenminister Schäuble sollte sich nicht wundern, dass man ihn immer öfter mit dem Begriff "STASI 2.0" in Zusammenhang bringt.