: Wenn es im Alter an Glückwünschen fehlt
Was verkaufen also Zeitschriften- und Tabakläden, wenn Zeitschriften und Tabak immer schwerer verkäuflich sind? Sie verkaufen Glückwunschkarten. 20 Ständer voll stehen vor dem Zeitschriften- und Tabakladen in dem kleinen Einkaufszentrum in Niendorf am Hamburger Stadtrand, und das ist gut so, denn ich brauche eine Glückwunschkarte für meinen Vater. 90 Jahre wird er alt. Also suche ich und suche und finde auch eine und suche weiter, weil ich gerne eine Auswahl hätte.
Der junge Verkäufer hat mich beobachtet, kommt her und sagt: „Sie suchen Glückwunschkarten zum Neunzigsten? Tja, da gibt’s nicht so viele.“
Hamburg-Niendorf
42.300 Einwohner*innen.
Das Zentrum des Stadtteils ist der Tibarg. Hier in der ehemaligen Dorfstraße, heute Fußgängerzone, konzentriert sich Handel und Gastronomie.
Eine hat er, da sind damenhafte Blumenornamente drauf, eine hat er, auf der steht: „Ein Jährchen älter, sei nicht sauer, Du wirst nur reifer, interessanter und immer schlauer.“ Dazu sind Whisky und Zigarren abgebildet. Ich entscheide mich für das dritte, schlicht gehaltene Modell und komme nicht drum herum, den Blick schweifen zu lassen: Eine Glückwunschkarte zum Hundertsten sehe ich nicht. Auf keinem der vielen Ständer. Aber das kann nur ein Irrtum sein. Klaus Irler
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