: Wenn ein Ami weise spricht
■ Coach Craig Sarner sucht mit dem BSC nach altem Berliner Eishockey-Ruhm
Charlottenburg. Berlin hat auf Eis gebaut. Die Heimstätte der ersten deutschen Puckjäger war die Eisbahn West am Zoologischen Garten, wo der 1893 gegründete Berliner Schlittschuh-Club zu Hause war. Auch die ersten fünf deutschen Meistertitel gewannen ab 1912 die Berliner Schlittschuhsportler.
Seitdem hat sich viel verändert. Die Beine schützt kein Pappkarton mehr, sondern Hartlederbandagen, die einheitlichen Pudelmützen sind durch uniforme Trikots ersetzt und die Berliner Dominanz ist seit dem 19. und letzten Meistertitel 1976 längst verloren gegangen. Daran schien sich auch in dieser Saison nichts zu ändern. Der Schwede Dan Hober trainierte den BSC und steuerte ihn zielgerichtet ins eishockeyspielende Mittelmaß. Vor allem bei den stadtinternen Prestigeduellen gegen die Dynamos wurden zwar kräftig körperliche Hiebe verteilt, aber sportliche Schläge eingesteckt. Hobers Zeit war bald abgelaufen. Es kam die von Craig Sarner.
Mit ihm wurden die Preußen Meisterschafts-Vierter und »vereisten« im Viertelfinale den Mannheimer ERC. Während Ortsrivale Dynamo mit den Gespenstern des Abstiegs kämpft, lockt der BSC die Götter der Meisterschaft an die Spree. Bisheriger Höhepunkt der Berliner Schlittschuh-Renaissance war das zweite Halbfinalspiel gegen den Kölner EC.
Wer zehn Minuten zu spät kam, den bestraften die Preußen. Es stand schon 4:0. Der Rest war die pflichtgemäße Einhaltung der vorgeschriebenen Spielzeit. Der Vier-Tore-Abstand blieb: 7:3. Vor 6.100 Zuschauer brachte feuriges Hockey das Eis zum Schmelzen. Torhüter Klaus Merk versperrte krakengleich den heranpeitschenden Pucks den Weg zum Tor. Nur in personaler Überzahl versenkten die Kölner die Hartgummischeiben im Berliner Netz. Aber Tore von Schmid, Malo, Silk, O'Regan, Birk und Fonso hatten längst Preußens Siegesweichen gestellt.
Der Vater des Sieges lehnte gelassen an der Bande. Craig Sarner, der als Spieler pikanterweise in Köln und Berlin die krumme Kelle kreuzte, hatte dem geschäftlichen Erfolg (Vertragsunterzeichnung für zwei Jahre) nur einen sportlichen hinzugefügt. Nun hofft er heimlich auf eine Niederlage in Köln, damit es am Dienstag in der Eissporthalle nochmals fette sportliche und finanzielle (150.000 Mark) Beute gibt.
Dann wird Craig Sarner die Kernsätze wiederholen, mit denen er seit Wochen in Pressekonferenzen und Mannschaftssitzungen auskommt: »Das ist ein kampfstarkes Team. Wir werden Meister.« Der Erfolg heiligt die Einfalt. bossi
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