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Archiv-Artikel

Wenn die Stimmung versagt

Die Berliner Band Mia sagte ihren Auftritt beim Pfingst-Festival in Essen-Werden kurzfristig ab. Grund sollen Stimmprobleme der Sängerin gewesen sein. Offenbar trugen aber auch die Proteste der Antifa zur Absage bei

An die Missgunst, die ihr allenthalben entgegen schlägt, müsste sich die Berliner Band Mia eigentlich gewöhnt haben. Ihren Auftritt beim Pfingst-Open-Air in Essen-Werden sagte die Pop-Formation aber noch kurzfristig ab – angeblich weil Sängerin Mieze unter „Problemen mit der Stimme“ litt. Das erklären nun zumindest die Plattenfirma der Band und das Jugendamt der Stadt Essen.

Nach Informationen der taz hatte die Absage aber einen anderen Grund. So versagte Miezes Stimme deshalb, weil Protest aus den Reihen der Essener Antifa drohte. Die Linken hatten lange vor dem Konzert dazu aufgerufen, der Berliner Combo deren Deutschtümelei auszutreiben. In jenen Texten nämlich, in denen sich die Band dem deutschen Staat anbiedert, indem sie eine nationale Aufbruchswelle annonciert, verortet die Szene bereits eine rechte Strömung im deutschen Pop. Die kahlen Klappspaten in der anderen Ecke nutzen dies wiederum weidlich aus und beweihräuchern Mia in ihren Propaganda-Postillen. Ob die Band derlei Aufsehen mit ihrem aktuellen Album „Stille Post“ beabsichtigt hatte?

Gerd Dubiel vom Essener Jugendamt räumt ein, mit der Band über die Proteste gesprochen zu haben. Der Unmut der anwesenden Mia-Kritiker war ja auch kaum zu überhören. Dubiel sagt zudem, er habe der Band nicht „100-prozentige Sicherheit“ gewährleisten können. Dass Mia deshalb abgerauscht ist, streitet der Beamte allerdings ab. Gitarrist Andy beteuert derweil im Internet, dass nicht die „mia.critics“ die Absage forciert hätten: Nach dem Konzert am Vorabend, weiß Andy, habe die „Stimme unserer Frontfrau Mieze ernsthafte Spätfolgen in Form einer fast nicht mehr vorhandenen Stimme“ gezeigt. Aha.

Wie es sich anfühlt, wenn Linke böse sind, weiß die Band seit ihrem Auftritt bei den Berliner Studenten-Protesten im Januar, als es nach dem ersten Song bereits Eier hagelte. Vielleicht wollte Mia ein ähnliches Szenario verhindern und blieb deshalb weg. Die Absage wurde auf jeden Fall mit Applaus begrüßt. Und nun droht wiederum die Band: Laut Plattenfirma will sie das Konzert nachholen – in einer sicheren Halle. Müssen die Kritiker dann draußen bleiben?

BORIS R. ROSENKRANZ