: Wenn die Polizei für eine Überraschung gut ist
Berlin ist voll von Graffiti. Für manche Kunst, für andere Schmiererei – für viele ist es Ausdruck von Widerstand, direkt an der Fassade.
Ich habe bei einer Demo eine Fensterbank getaggt. Nicht besonders clever. Aber in dem Moment, als ich mit dem Stift zugange war, kam mir nicht in den Sinn, dass das eine Straftat sein könnte. Kurz darauf werde ich abgeführt – links und rechts ein Beamter, um uns herum ein halber Kreis aus zehn weiteren. Schwerkriminell, offenbar.
Ich lande in einer Wanne vor einem sehr jungen Polizisten, vermutlich noch in der Ausbildung. Er hält meine Tasche in der Hand und fragt: „Haben Sie die Fensterbank beschmiert?“
„Ja“, sage ich.
„Und der Marker ist wo?“
Ich deute auf die Tasche. „Werden Sie ja sehen, wenn Sie reinschauen.“ Tut er aber nicht. Und reicht mir die Tasche kommentarlos zurück. Wenig später fragt seine Kollegin nach der „Tatwaffe“. Er sagt nur: „Nix gefunden.“
Berlin
3.662.400 Einwohner*innen.
Berlin ist auch die Demo-Hauptstadt im Land: etwa 7.500 angemeldete Demonstrationen gab es vergangenes Jahr, also in etwa 20 täglich. Auf berlin.de kann man sich informieren, was wo an Protest passiert.
Der Polizist zwinkert mir zu. Und ich denke: Vielleicht wächst da wirklich eine solidarischere Generation in Uniform heran.
Devrim Gündoğan
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