Weniger Ausbildungplätze: Dem Osten gehen die Azubis aus
Die Anzahl der BewerberInnen um Ausbildungsplätze geht innerhalb von zwei Jahren um ein Viertel zurück. Weibliche Lehrlinge sind schlechter bezahlt.
![](https://taz.de/picture/340569/14/Azubi_01.jpg)
Die Wirtschaftskrise macht sich auf dem Ausbildungsmarkt dank der demografischen Entwicklung bisher kaum bemerkbar. Die Zahl der Lehrstellensuchenden sei "deutlich zurückgegangen", sagte Thilo Pahl, Ausbildungsexperte beim Deutschen Industrie- und Handelkammertag (DIHK) der taz. Viele Betriebe, etwa im Hotel- und Gaststättengewerbe in den neuen Bundesländern, hätten "enorme Probleme", ihre Ausbildungsplätze zu besetzen.
Die stellvertretende Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB), Ingrid Sehrbrock, räumte am Donnerstag bei der Vorstellung des "DGB-Ausbildungsreports 2009" ein, auf dem Lehrstellenmarkt herrsche trotz Krise "noch keine scharfe Situation, weil durch die demografische Entwicklung die Nachfrage zurückgeht".
Die endgültigen Zahlen für das neue Ausbildungsjahr werden von der Bundesagentur für Arbeit (BA) im Oktober vorgelegt, aber die Entwicklung ist schon erkennbar. So ging die Zahl der BewerberInnen in der Ausbildungsvermittlung der BA in diesem Jahr im Vergleich zum Vorjahr bundesweit um 14 Prozent zurück. In den neuen Bundesländern sackte die Zahl der Lehrstellensuchenden sogar um 26 Prozent ab, heißt es im BA-Monatsbericht für Juli.
Im Vergleich mit Juli 2007 gab es in diesem Jahr bundesweit "über ein Viertel" weniger BewerberInnen, heißt es im Monatsbericht. Ein Grund für den Rückgang ist der Geburtenknick in den neuen Bundesländern nach der Wende, dort sind die Jahrgänge der 16- bis 18jährigen weitaus kleiner als zuvor.
Viele Jugendliche scheuten angesichts der schlechten konjunkturellen Entwicklung möglicherweise auch die Aufnahme einer betrieblichen Ausbildung, so Pahl. Es könne zudem sein, dass sich viele junge Leute heute selbst eine Lehrstelle suchen, möglicherweise auch über das Internet, und gar nicht mehr die Arbeitsagentur einschalten. Diese InteressentInnen werden dann in der BA-Statistik nicht erfasst. Pahl erklärte, dass in bestimmten industriellen Bereichen mit hohem Exportanteil angesichts der Krise aber auch mit einem Rückgang an Ausbildungsplätzen zu rechnen sei.
Der Bundesarbeitsagentur waren für dieses Ausbildungsjahr sieben Prozent weniger Ausbildungsstellen gemeldet als im Jahr davor. DGB-Vize Sehrbrock legte am Donnerstag eine Untersuchung vor, nach der Frauen schon in der Ausbildung den Männern gegenüber benachteiligt sind. Laut der Befragung von 6.920 Auszubildenden bekommen Männer im Schnitt während der Lehre mehr als 100 Euro oder fast 22 Prozent mehr Entgelt als die Frauen - auch weil diese oft schlecht bezahlte Berufe in kleinen Dienstleistungsbetrieben wählen. In Vergütung und Lehrqualität schnitt die Ausbildung zur FachinformatikerIn am besten ab, die Restaurantfachleute bildeten das Schlusslicht.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Macrons Krisengipfel
Und Trump lacht sich eins
Frieden in der Ukraine
Europa ist falsch aufgestellt
Maßnahmenkatalog vor der Bundestagswahl
Grünen-Spitze will „Bildungswende“
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
USA und Russland besetzen ihre Botschaften wieder regulär
Krisentreffen nach Sicherheitskonferenz
Macron sortiert seine Truppen
Gentrifizierung in Großstädten
Meckern auf hohem Niveau