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Archiv-Artikel

Weniger Arbeitslose als Aufgabe

GRIECHENLAND Das EU-Krisenland per excellence übernimmt am 1. Januar die Präsidentschaft – zum fünften Mal seit dem EU-Beitritt. Die Schwerpunkte sind vor allem sozialer Natur

Ein erfolgreicher EU-Vorsitz könnte Griechenlands Image in Europa verbessern

AUS ATHEN JANNIS PADADIMITRIOU

Mit vorweihnachtlichem Besuch aus Berlin hatte der griechische Vizeaußenminister Dimitris Kourkoulas nicht gerechnet. Doch Michael Roth (SPD), frisch gekürter Staatsminister im Auswärtigen Amt, bestand offenbar darauf, noch vor Heiligabend Athen zu besuchen, um seine „Unterstützung“ auszudrücken. Die griechische EU-Ratspräsidentschaft werde ein „großer Erfolg“ und die deutsche Regierung wolle dazu beitragen, die EU-Institutionen zu stärken, erklärte Roth in Athen.

„Es war ein Besuch von hoher symbolischen Bedeutung, der das Interesse für unseren EU-Vorsitz zum Ausdruck bringt,“ sagte Kourkoulas anschließend der taz. Laut Kourkoulas wollten sich die Griechen zunächst um die Vollendung der Bankenunion, vor allem aber um die soziale Kohäsion und die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit in Europa kümmern. Zudem stünde die Flüchtlings- und Mittelmeerpolitik auf der Agenda. Details will Ministerpräsident Antonis Samaras in einer Rede vor dem EU-Parlament im Januar verkünden.

Die Verhandlungen über die Bankenunion will auch Deutschland kritisch begleiten. Es sei zwar „das Normalste von der Welt“, wenn das EU-Parlament kritische Fragen stellt, aber man müsse auch klarmachen, dass dieses Projekt keinen Aufschub dulde, und die deutsche Regierung werde ihre griechischen Freunde dabei unterstützen, mahnte der deutsche Staatsminister Roth in Athen.

Für die Athener Koalitionsregierung aus Konservativen und Sozialisten bietet der EU-Vorsitz die einmalige und vielleicht letzte Chance, im eigenen Land zu punkten und die Linksopposition in den Meinungsumfragen zu überholen. Premier Samaras versprach deshalb eine „doppelte Rückkehr“: Er würde sowohl eine gute EU-Ratspräsidentschaft aufs Parkett legen als auch seine Sparvorgaben- und somit auch die Voraussetzungen für weitere Finanzhilfen erfüllen.

„Durch einen erfolgreichen EU-Vorsitz wollen die Griechen ihr Image in Europa verbessern“, glaubt Panagiotis Ioakeimidis, Professor für Europäische Integration an der Universität Athen.

Athen übernimmt zum fünften Mal den rotierenden EU-Vorsitz. In der Vergangenheit verlief nicht alles reibungslos: 1983 wurde der Populist Andreas Papandreou nur mit Mühe an der Spitze Europas geduldet, fünf Jahre später überschatteten seine amourösen Abenteuer die zweite griechische EU-Präsidentschaft. 1994 sorgte Athen in vielen EU-Staaten für Unmut, als der Europaminister Theodoros Pangalos Deutschland als „Giganten mit dem Herz eines Riesen und dem Hirn eines Kindes“ beschimpfte. Nur im ersten Halbjahr 2003 schien alles zu stimmen unter Führung des Sozialisten Kostas Simitis; doch dann wurde Europa von der Irakkrise gelähmt und gespalten.

Nun also 2014. Bereits im Vorfeld wurden Zweifel laut, ob das krisengeplagte Griechenland die Anforderungen erfüllen und die Kosten der Ratspräsidentschaft schultern kann. Darüber kann sich die griechische EU-Abgeordnete Sylvana Rapti nur ärgern. „Derartige Zweifel sind böswillig, Griechenland wird eine gute Präsidentschaft liefern“, sagt die Sozialistin.

Was die Kosten betrifft, versucht Vizeaußenminister Kourkoulas zu beschwichtigen: „Wir werden eine spartanische Präsidentschaft ablegen, geplant sind Ausgaben in Höhe von 50 Millionen Euro“, versichert er. Unrealistisch ist die Rechnung nicht, schließlich waren die Dänen 2012 nach eigenen Angaben mit 35 Millionen ausgekommen. Andererseits: Der EU-Vorsitz von Nicolas Sarkozy im zweiten Halbjahr 2008 hat den französischen Steuerzahler 170 Millionen Euro gekostet – immerhin fast eine Million pro Tag.