Weltkulturerbe: Rote Karte für Wiens Stadtplanung
Die Wiener Innenstadt wird den Status als Weltkulturerbe verlieren. Das ist so gut wie sicher, seit das Unesco-Welterbekomitee am Donnerstag während einer Sitzung in Krakau Wien auf die Rote Liste der gefährdeten Kulturgüter gesetzt hat. Es ist der Meinung, dass die Altstadt durch die „massive städtebauliche Entwicklung der letzten Jahre“ ihren „außergewöhnlichen, universellen Wert“ verliere. Das Gremium gibt der Stadt rund ein halbes Jahr Zeit, um die Gründe für diese Verwarnung zu beseitigen. Das wird nicht passieren.
Wichtigster Stein des Anstoßes ist nämlich ein geplanter Hochhausbau auf dem Wiener Heumarkt. Die Unesco schreibt für Gebäude dort eine Maximalhöhe von 43 Metern vor, geplant ist jedoch ein Wohnturm mit einer Höhe von 66 Metern. Der wird das daneben liegende Hotel Intercontinental um etwa 50 Prozent überragen und den sogenannten Canaletto-Blick zerstören. Der italienische Meister Bernardo Bellotto, genannt Canaletto, hat im 18. Jahrhundert vom Schloss Belvedere des Feldherren Prinz Eugen eine Vedute der Stadt gemalt. Der Erhalt dieser Sichtachse gilt als sakrosankt. Die Verringerung der Höhe von den ursprünglich geplanten 73 Metern war den strengen Kulturwächtern zu wenig. Für Gabriele Eschig, die Generalsekretärin der österreichischen Unesco-Kommission, ist die Entscheidung „blamabel für die Stadt Wien und Österreich“, sie schade dem Kulturland Österreich.
Fette Gewinne
Das Bauprojekt, das durch den Verkauf von Luxuswohnungen fette Gewinne für den privaten Bauherrn Wertinvest verspricht, wurde von der rot-grünen Stadtregierung abgesegnet und soll 2019 umgesetzt werden. Der Wiener Stadtrat stimmte Ende Juni mit hauchdünner Mehrheit zu.
Einige grüne Abgeordnete hatten in Rebellion gegen Vizebürgermeisterin und Planungsstadträtin Maria Vassilakou dagegen gestimmt. Vassilakou verteidigt das Projekt mit dem Argument, es rette den benachbarten Wiener Eislaufverein als Freizeitort für die Wiener Bevölkerung.
Während die Wiener Oppositionsparteien ÖVP und FPÖ den Rücktritt der grünen Vizebürgermeisterin fordern, will Vassilakou die Frist bis Februar nutzen, um „die falschen Informationen zu korrigieren“ und den Weltkulturerbestatus zu retten.
Ralf Leonhard
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