piwik no script img

Weltklimakonferenz in PoznanHerr Kaiser und die Klimaschäden

Auf der UN-Klimakonferenz wird auch darüber diskutiert, wie sich ein afrikanischer Kleinbauer gegen Ernteausfälle durch zunehmende Dürre oder Fluten schützen kann.

Demonstranten forderten sich am Samstag eine andere Klimapolitik. Bild: reuters

Der schwere Tanker "Klimakonferenz" bewegt sich derzeit in ruhigem Fahrwasser: Wegen des muslimischen Opferfestes ruhten die Verhandlungen am Montag. Was nicht bedeutet, dass auf dem gesamten Messegelände Stille herrschte. Die Munich Climate Insurance Initiative (MCII) stellte zum Beispiel ihre gemeinsam mit der Universität von Columbia erarbeitete "Klimarisiko-Versicherung" vor.

Merkel mauert mit

Bundeskanzlerin Angela Merkel tritt in der Klimapolitik auf die Bremse. Der EU-Gipfel am Ende der Woche werde nichts beschließen, was in Deutschland Arbeitsplätze oder Investitionen gefährde, sagte Merkel der Bild. Der EU-Gipfel will am Donnerstag und Freitag in Brüssel das europäische Klimaschutzpaket verabschieden. Deutschland dringt auf Ausnahmen etwa für Stahl-, Chemie- und Zementfirmen. Die polnische Regierung will kostenlose Verschmutzungsrechte für ihre Kohlekraftwerke durchsetzen. Merkel trifft am Dienstag den polnischen Regierungschef Tusk in Warschau. Zu den Konsultationen werden auch Protestaktionen von Umweltschützern erwartet, die sich gegenwärtig auf der Klimakonferenz in Poznan aufhalten.

"Die Angst vor Wetterkatastrophen erhöht die Bereitschaft, sich stärker zu versichern", sagte Ernst Rauch, Leiter des Corporate Climate Centre der Münchner Rück. Im April 2005 initiierte der weltgrößte Rückversicherer die MCII, um Versicherungslösungen für die zunehmenden Schäden durch wetterbedingte Extremereignisse zu entwickeln. Nun liegt ein Ergebnis vor: "Wir schlagen einen Fonds vor, der zur Rückversicherung ärmerer Länder unter dem Dach der UNO aufgelegt wird", erläutert Christoph Bals, politischer Geschäftsführer der Umweltorganisation Germanwatch und gleichzeitig MCII-Vorstand. Dies würde den Wiederaufbau besonders in armen Ländern, die wegen geringerer touristischer Attraktivität weniger Spenden als beliebte Reiseziele erhalten, unabhängiger vom Spendenwillen der reichen Industriestaaten machen.

Gekoppelt werden sollte der Fonds allerdings an Anreize zur Katastrophenvorsorge: Nur wer in Anpassungsmaßnahmen investiert, soll profitieren. Und der Fonds sollte nicht ausschließlich auf Staatsebene sein Geld verteilen, sondern auch Mikroversicherungen finanzieren. "Es gibt für Entwicklungsländer schon passende Produkte, zum Beispiel Kleinstversicherungen, mit denen sich ein Landwirt gegen Unwetterschäden versichern kann", erläutert Rauch.

Praktisch soll der "Climate Insurance Pool" mit 3,2 bis 5 Milliarden US-Dollar gespeist werden, die für die Prämien des Pools notwendig sind. Finanziert werden soll dies zum größten Teil von den Industrieländern durch den Anpassungsfonds. Die zweite Ebene der Versicherungssäule, die Climate Insurance Assistance Facility, würde gezielt Öffentlich-Private Partnerschaften und private Klimaversicherungen fördern, um auch geringere Schadensereignisse - etwa Unwetterereignisse, die alle 50 Jahre auftreten - abdecken zu können. Die Kosten dafür werden auf 3 Milliarden US-Dollar geschätzt, die Gesamtkosten des Vorschlags auf etwa 10 Milliarden pro Jahr. Zur Finanzierung denkbar wäre auch eine Abgabe aus dem Emissionshandel oder eine Steuer von 20 Cent auf jede emittierte Tonne Kohlendioxid.

Dagegen allerdings dürften sich die Industriestaaten sträuben. "Um das Thema fest im Kopenhagener Abkommen zu verankern, ist es jetzt notwendig, dass der Poznan-Gipfel über einen Risiko-Management-Mechanismus entscheidet", erklärte Peter Höppe, Leiter der GeoRisiken Forschung der Münchner Rück.

Das sieht offenbar auch Yvo de Boer, der Chef des UN-Klimasekretariats, so. Vergangene Woche hatten die Vorschläge der MCII gemeinsam mit zwei weiteren Vorschlägen aus der Schweiz und aus Südostasien auf dem Verhandlungsparkett eine größere Rolle gespielt.

Am Montag erklärte de Boer: "Ein wichtiges Ergebnis von Poznan wäre, wenn am Ende der Verhandlung eine neue Expertengruppe beschlossen würde." Diese solle dann die jetzt diskutierten Vorschläge konkretisieren.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

1 Kommentar

 /