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■ Welt Weit GrönlingAb ins Usergenesungswerk!

Das hab' ich ja schon immer geahnt: Internet macht krank! Und einen Namen hat die neue Krankheit auch schon. PIU, Pathological Internet Use, sei vergleichbar mit der Spielsucht – meint Dr. Kimberly Young, Assistant Professor an der University of Pittsburgh. 396 PIU-Fälle hat er untersucht, und das war auch deutschen Agenturen eine Meldung wert. Am schlimmsten dran sind noch nicht mal die pickeligen und bebrillten Bleichgesichter, die Datenjunkies, die ihrem Klischee entsprechen. Nein, es sind Leute wie du und ich. Und nur zu einem kleinen Teil nutzen Sie das World Wide Web. Statt brav Informationen, Werbung und Pornos zu konsumieren, treiben sie sich in den finsteren Chat- Gewölben der Multi-User Dungeons (MUDs) herum, vergessen Haus, Hof und Telekomrechnung, bis sie sich an den Rand des sozialen Abgrunds geklickt haben.

Internet-Junkies sind unersättlich. In den Chats schnorren sie einen von der Seite an („Haste ma 'n GIF?“), und es soll auch schon vorgekommen sein, daß man von ihren Robots kurzerhand gekillt wird, wenn man es wagt, mit Hilfe eines Windows- Systems oder unter einer AOL- Adresse in ihr Reich einzudringen. Selbsthilfegruppen wie die „AOLkaholics Anonymous“ oder die „Netaholics“ fördern die Sucht eher, als daß sie sie bekämpfen. Gute Ratschläge wie „den Stecker rausziehen und an die frische Luft gehen“ sind ebenso hilfreich wie einem Alkoholiker den Tip zu geben, das Zeug doch einfach in den Ausguß zu kippen. Auch Selbstdisziplinierung durch Belohnung (erst den Müll runtertragen, dann klicken) hat sich als untauglich erwiesen. Echte Junkies haben längst vergessen, daß es neben dem Cyberspace noch eine Parallelwelt gibt. Für sie ist das nur ein weiteres Window – ein lästiges, das sie jederzeit wegklicken können.

Wer auch für andere Süchte wie Alkohol und Nikotin anfällig ist, gilt als besonders gefährdet. Professionelle Beratung für Internet-Junkies gibt es hierzulande noch nicht, Psychologen sind hoffnungslos überfordert. Aber woran sind echte Junkies zu erkennen? Das Internet-Magazin FirstSurf hat unter www.firstsurf.com/piuform.htm einen von Dr. Young abgeleiteten Fragebogen zum Selbsttest ins Netz gestellt. Die Antwort kommt sofort, und ich hab' gerade noch mal Glück gehabt. Wen es aber hart erwischt hat, sollte im Usergenesungswerk in Bad Wiessee am schönen Tegernsee („Bad W. statt PC“, www.badwiessee.de) doch mal eine E-Kur machen. Dieter Grönling

dieter@taz.de

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