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■ Welt Weit GrönlingSchweinkram im Fenster

Unsere Weihnachtsgeschichte spielt in der Computerabteilung bei Karstadt. Es ist einer dieser stressigen Adventssamstage kurz vor Ladenschluß, der Verkäufer ist gerade dabei, die Tageskasse abzurechnen. Da stürzt noch ein Kunde heran.

„Guten Tag, ich hätte gern ein Internet!“ Der Verkäufer starrt ihn verständnislos an. „Na ja, Sie wissen schon, eins von diesen Dingern, mit denen man sich dieses WWW-Zeugs angucken kann.“ „Ach, Sie meinen ein Modem“, sagt der Verkäufer und fragt sich, warum ausgerechnet er immer an solche Deppen geraten muß. „Weiß nicht, wie das heißt. Ist ein Weihnachtsgeschenk für meine Frau. Ich hab' ja keine Ahnung von so was.“ Ein Hoffnungsschimmer? „Dann ist es vielleicht besser, wenn Sie Ihre Frau mal mitbringen. Da können wir dann gemeinsam...“ „Nein, geht nicht. Soll eine Überraschung sein. Die wird Augen machen mit so einem Internet unterm Weihnachtsbaum.“ „Aber einen Computer hat Ihre Frau, damit sie das, äh, Dingsda anschließen kann?“ „Ja, aber der ist schon ein paar Jahre alt, und ich weiß nicht, ob das geht. Deswegen bin ich ja hier, damit Sie mich beraten. In der Firma, wo sie arbeitet, haben sie das jetzt auch. Da dachte ich, ich schenk ihr so was zu Weihnachten, damit sie das mal in Ruhe lernen kann.“

„Das ist eine sehr vernünftige Idee. Und ich glaube, ich hab' da auch genau das richtige für Ihre Frau.“ „Ach?“ Der Verkäufer kramt einen länglichen Karton aus dem Regal. „Hier, unser Sonderangebot. Das Internet-Starterset! Da ist alles drin, was Sie brauchen. Die Komplettlösung für Anfänger: Modem, Netzteil, alle Kabel, und natürlich eine CD mit den ganzen Windows- Programmen.“ „Was für Programme?“ „Na, Windows. Das hat ihre Frau doch ganz bestimmt. Es gibt ja kaum noch Computer ohne Windows heutzutage.“ „Windows? Fenster? Also, ich kenn' das Erste und das Zweite und RTL, und mein' Fußball guck ich immer bei Sat.1, aber das kenn' ich nicht. Kommt da drin der ganze Schweinkram vom Internet? In Fenstern? Man hört ja so manches...“ „Nein, wir reden hier von Computerprogrammen und nicht vom Fernsehen.“ „Aber auf der Funkausstellung...“ „Ja, ja, ich weiß. Da haben sie wie immer Sachen angekündigt, die entweder nix taugen oder die nicht lieferbar sind. Wenn Sie Internet wollen, ist das hier immer noch das beste.“ „Mit den Fenstern?“ „Ja, mit den Fenstern.“ „Und da krieg ich auch so gewisse Sachen? Ich meine Bilder und Videos und so was?“ „Ja klar, wenn Sie das wollen...“ „Dann nehm' ich das.“ Dieter Grönling

dieter@taz.de

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