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Archiv-Artikel

Weitere Entlassungen bei Karmann

Osnabrücker Autozulieferer will im Cabrio-Bau 1.800 Stellen streichen. Hoffnungen auf Aufträge von Kia und VW. Die Niedersächsischen Grünen kritisieren Ministerpräsident Wulff als „automobilpolitische Schlafmütze“

Weil immer mehr Autohersteller wichtige Teile der Produktion wieder selbst in die Hand nehmen, will der Zulieferer Karmann im kommenden Jahr 1.800 Stellen streichen. Damit ist jeder dritte Mitarbeiter in den Werken in Rheine und Osnabrück betroffen. Zurzeit bietet Karmann weltweit noch 7.000 Jobs, davon 4.000 am Osnabrücker Stammsitz. „Seit fünf Jahren hat kein Autohersteller mehr einen Auftrag an einen Zulieferer vergeben“, sagte Karmann-Chef Peter Harbig am Montag. Karmann hatte 2004 noch mehr als 93.000 Komplett-Fahrzeuge ausgeliefert, 2007 wird es noch ein Drittel davon sein, darunter der Audi A 4 Cabrio und der Chrysler Crossfire – beide nicht sonderlich erfolgreich am Markt. Bereits 2006 mussten 700 Leute gehen.

Karmann entwarf mit VW den Käfer Cabrio, seit den 60ern bauten sie den Karmann Ghia, vertrieben von VW. Das Golf Cabriolet, seit 1978 in Osnabrück gefertigt, war mit 388.000 Fahrzeugen das meistverkaufte Oben-ohne-Auto der Welt. Danach brach die jahrzehntelange Zusammenarbeit ab.

Der Bau von Cabrio-Dächern ist eine verbliebene Stütze des Konzerns, aber die Hoffnung auf die weitere Komplett-Produktion von Freiluft-Autos schwindet. Mit dem koreanischen Autobauer Kia wird verhandelt, Spekulationen ranken sich vor allem um ein neues Mini-Cabrio auf VW-Polo-Basis. Überhaupt, Volkswagen: Niedersachsens Ministerpräsident Christian Wulff (CDU) solle dort seinen Einfluss geltend machen, um den Osnabrückern einen Auftrag zuzuschanzen, forderten am Montag Gewerkschafter wie Auto-Experten. Wulff sitzt im VW-Aufsichtsrat. Weil er dort nicht rechtzeitig für Karmann geworben habe, nannten die Grünen Wulff nun eine „automobilpolitische Schlafmütze“.

Wulff indes forderte die deutschen Autobauer zur Unterstützung auf: Sie müssten sich „überlegen, ob sie eine ingenieurtechnische Perle wie Karmann gegebenenfalls ausländischen Übernehmern in die Arme treiben und sich damit selbst langfristig starke Konkurrenz schaffen wollen“, sagte er. Zudem sei nur „schwer nachvollziehbar, dass Karmann Premium-Autos für andere entwickelt, die Werkzeuge zu ihrer Herstellung baut, die Autos aber nicht selbst produzieren darf“. KAI SCHÖNEBERG