Weiter Probleme mit dem WeTab: Anleitung zur Selbsthilfe
Auch nach Updates hat der deutsche Tablet-Rechner WeTab weiter Software-Probleme. Zudem soll der Hersteller positive Bewertungen bei Amazon platziert haben.
Seit knapp zwei Wochen ist das WeTab nun verfügbar. Auch die ersten Tests renommierter deutscher IT-Medien wie Heise Online oder Golem.de sind mittlerweile raus - und sie sind durchwachsen. Hauptkritikpunkt an dem Tablet-Rechner und potenziellen „iPad-Killer“ bleibt, dass das Gerät unfertig ausgeliefert wurde. Angekündigte Software-Funktionen fehlten, während auch die Hardware Mängel besitze - etwa das zu hohe Gewicht von einem Kilo oder die starke Blickwinkelabhängigkeit des Bildschirms.
Das Software-Problem versuchen die Entwickler, die Berliner Firma Neofonie und ihr Münchner Partner 4tiitoo, mittlerweile mit Updates zu lösen. Mindestens drei davon gingen an die Besitzer des unter anderem bei Mediamarkt verkauften Geräts. So kam am 1. Oktober eine Aktualisierung per Internet auf das WeTab, mit der die Multitouch-Steuerung, also die Nutzung von mehr als einem Finger auf dem Bildschirm, freigeschaltet wurde.
Seither kann man im Browser Websites wie beim iPad vergrößern und verkleinern, das allerdings nicht immer stufenlos. Im Bildbetrachter soll Multitouch dagegen besser funktionieren - zumindest verlinkt der Hersteller ein entsprechendes Video. Problematisch bleiben Funktionen, die bei anderen Tablets selbstverständlich sind: Etwa das Kippen des Bildschirms, um die Anzeige vom Porträt- auf Landschaftsmodus umzuschalten. Wackelt man zu heftig, kommt der Browser schnell aus dem Tritt, auch die Schaltgeschwindigkeit ist zu gering.
Auch in Sachen Apps hat sich noch nicht viel getan. So füllt sich der „WeTab Market“ genannte Software-Marktplatz nur langsam, weil es noch zu wenig externe Entwickler gibt. Eine offizielle Unterstützung für Anwendungen für Googles populäres Android-Betriebssystem mit zahllosen Programmen wird es indes nur durch die Hintertür geben - über eine sogenannte virtuelle Maschine. Doch wann es soweit ist, weiß niemand. Gleiches gilt für die stets versprochene, schnelle Flash-Unterstützung: Diese ist noch nicht Hardware-optimiert, was bedeutet, dass Videos in hoher Auflösung ruckeln. Hier verweist der Hersteller auf den Kooperationspartner Adobe, der an einer Lösung arbeite.
Die Nutzerschaft reagiert unterschiedlich auf die Probleme. Während im offiziellen Facebook-Forum diverse Käufer die Rückgabe des Gerätes ankündigten, greifen andere zur Selbsthilfe. So kann man mit etwas Bastelarbeit beispielsweise problemlos Linux-Anwendungen auf dem WeTab installieren. Der Claim, das Gerät sei im Vergleich zu Apples geschlossenem iPad „offen“, ist also völlig korrekt. Das Problem: Standard-Linux-Anwendungen sind dann nicht für die Fingerbedienung optimiert, was aus dem Tablet letztlich ein Netbook ohne Tastatur macht. (Selbige lässt sich allerdings per USB anschließen - sogar mit Maus)
Doch während die Szene das WeTab auseinandernimmt und durchaus versucht, Positives an einem unfertigen Produkt zu sehen, gibt es neuen Ärger an der Marketingfront. Am Wochenende gab es bislang unbestätigte Vorwürfe gegen Neofonie, falsche Bewertungen beim Online-Händler Amazon abgegeben zu haben, die es sogar auf die Homepage von Spiegel Online schafften.
Der Blogger Richard Gutjahr hatte zwei überaus positive Nutzerkommentare zum WeTab analysiert und festgestellt, dass die Namen nicht stimmten. Aus zwei Wunschlisten war schließlich ersichtlich, dass offenbar der Neofonie-Chef und seine Ehefrau hinter den Bewertungen steckte. Ob dies wirklich stimmt oder es sich selbst wiederum um eine Fälschung handelte, um Neofonie zu schaden, war am Wochenende nicht zu ermitteln. Allerdings gab es von Seiten der Berliner Firma keine Stellungnahme und die beiden fraglichen Kommentare verschwanden nach kurzer Zeit wieder.
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