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WeinmarktreformEU kämpft um edle Tropfen

Die EU-Landwirtschaftsminister beraten die Reform des Weinmarktes. Edle Tropfen können an Werbevorteil verlieren, weil auch auf einfachen Weinen Jahrgang und Herkunft stehen darf.

Wie aus diesen Trauben Wein gemacht wird, bestimmt die EU mit. Bild: dpa

BRÜSSEL taz Mit dem Geschäftsabschluss 2007 können die deutschen Winzer zufrieden sein. Festtagsstimmung will dennoch nicht aufkommen, denn in Brüssel beraten die Landwirtschaftsminister wieder einmal über die Weinmarktreform. Die portugiesische Ratspräsidentschaft hat vorsorglich drei Tage dafür angesetzt, denn sie will noch im alten Jahr zu einem Ergebnis kommen.

Die Vorschläge von EU-Landwirtschaftskommissarin Mariann Fischer Boel spalten Europas Weinbauern. Denn die Ministerin will die Alkoholanreicherung durch Rübenzucker verbieten und nur noch Traubensaftkonzentrat erlauben, das deutlich teurer ist. Das würde Winzer aus nördlichen Anbaugebieten, die fehlende Sonnentage durch Zuckerbeigaben ausgleichen, gegenüber der südlichen Konkurrenz benachteiligen.

Für Unruhe sorgt auch, dass künftig Produzenten von einfachen Tafelweinen auf dem Etikett Lage und Jahrgang angeben dürfen. Detaillierte Informationen über das Anbaugebiet sollen hingegen nicht mehr erlaubt sein. Kleine Winzer, die auf die Herstellung von Spitzenweinen spezialisiert sind, fürchten, dass sich ihre edleren Produkte dann optisch nicht mehr von der Massenware unterscheiden.

Streit gibt es auch über die Frage, wie viel Geld die EU dafür ausgeben will, dass Weinbauflächen stillgelegt werden. Derzeit subventioniert Brüssel die Destillierung überschüssiger Erträge und gibt dafür fast die Hälfte der jährlich 1,3 Milliarden Euro Subventionen für den Weinbau aus.

Das Europaparlament schlug sich in seiner Abstimmung vergangene Woche mit großer Mehrheit auf die Seite der Reformgegner. Es sprach sich auch dagegen aus, die Obergrenzen für zusätzliche Zuckerbeigaben von 3,5 auf 2 Prozent zu senken. Es stimmte aber dafür, künftig die Beigabe von Holzschnitzeln zu erlauben, die den Geschmack von fassgereiftem Wein suggerieren. Winzer, die echte fassgelagerte Weine anbieten, sehen sich dadurch benachteiligt.

Nach dem derzeit noch geltenden Nizza-Vertrag hat das Parlament in Agrarfragen nur beratende Funktion. Da das Votum aber so deutlich ausfiel, wird es Gegnern der Kommissionsvorschläge wie dem deutschen Landwirtschaftsminister Horst Seehofer bei den Verhandlungen den Rücken stärken. Die Kommission hat bereits angekündigt, dass sie ihren Vorschlag nachbessern will und heute Morgen einen veränderten Entwurf vorlegen wird.

Die Minister bereiten sich auf eine Marathonsitzung vor. Denn der Interessenkonflikt zwischen den sonnenreichen großen Lagen in Südeuropa und den kleinen Winzerbetrieben in nördlichen Anbaugebieten scheint unüberbrückbar. Vor allem die großen Kontrahenten Spanien und Deutschland wird die Präsidentschaft in Einzelgesprächen ins Gebet nehmen müssen, um einen Kompromiss zu erreichen. Aus Diplomatenkreisen hört man aber, dass 20 der 27 Mitgliedsstaaten die deutsche Position teilen.

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