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WeinkolumneMichael Pöppl Ungewöhnliche Sommerabschiedsbegleiter

Zwei Winzerkinder verlieben sich beim Weinbaustudium, heiraten und verbinden die beiden elterlichen Güter zu einem gemeinsamen, dessen Anbauflächen allerdings über 120 Kilometer auseinanderliegen. Die Weinberge, in denen Carolin Hofmann, geborene Willems, aufgewachsen ist, liegen an der Saar und sind geprägt vom typischen Schiefer des Konzer Tälchens, der Boden bringt vor allem geniale Rieslinge hervor, für die die Jungwinzerin des Jahres 2010 vielfach ausgezeichnet wurde. Ihr Mann Jürgen wuchs im rheinhessischen Appenheim auf, wo heute das gemeinsame Weingut mit moderner Vinothek steht. Auf den dortigen Muschelkalkböden wachsen vielfältige Rebsorten, vom klassischen grünen Silvaner über knackige Rieslinge bis zur überraschenden Scheurebe.

Entdecken kann man diese önologische Harmonie auch in Berlin. Unter dem Motto des Winzerpaares „Schiefer trifft Muschelkalk“ findet man eine spannende Auswahl im Weinladen Cavatappi nahe dem Südstern. So zum Beispiel den „Saar Blanc de Noir“ mit dem schwarz-weiß gestreiften Zebra auf dem Etikett, den Weinhändler André Breitenbach für die taz-Leser ausgesucht hat. Im Weingut und im Keller der Hoffmanns-Willems-Willems kommen doppelte Kompetenz und viel Liebe zu naturbelassenen Weinen zusammen, sagt André. Der „Weiße vom Schwarzen“ sei der ideale Sommerabschiedswein: „Den musst du probieren!“ (Im Laden duzt man sich kreuzbergtypisch schnell.) Das Besondere am Blanc de Noir: Die roten Spätburgundertrauben werden von Carolin Hofmann schonend gepresst und dann weiß gekeltert, heraus kommt ein hell-bernsteinfarben leuchtender Wein mit nur 11,5 Prozent Alkoholgehalt. Er duftet intensiv nach Kiwi – oder ist es Stachelbeere? –, dazu kommen feine rote Fruchttöne wie Erdbeere und Cassis, die intensiv auf der Zunge tanzen, eine feine Säure vollendet die Harmonie.

Der Weinladen in der Körtestraße zeigt sich immer wieder als gute Adresse für außergewöhnliche Tropfen zu bezahlbaren Preisen. Seit bald zwanzig Jahren gehört das Cavatappi zum noch fast intakten Kiez mit zahlreichen kleinen Geschäften, Restaurants und Cafés. Viele Nachbarn würden abends von der U-Bahn kommen und auf dem Nachhauseweg noch schnell die ein oder andere Flasche Wein holen, erzählt Frank Dietrich, der seit 2006 Besitzer des Ladens ist. Zusammen mit seinem Kompagnon André bildet er ein hochkompetentes Duo, das den Kunden immer die passende Empfehlung zum geplanten Abendessen geben kann. Beide kochen leidenschaftlich gern. Die Auswahl im relativ kleinen Laden ist erstaunlich groß, Schwerpunkt sind vor allem bezahlbare Weine aus Frankreich und Deutschland, man findet aber auch eine gute Auswahl von Flaschen aus Österreich, Spanien, Portugal oder Italien: „Wir haben italienische Weingüter aus allen Regionen im Sortiment, den ganzen Stiefel entlang, von Oberitalien bis runter nach Apulien“, wie Frank erzählt, der nach seinem Architekturstudium lieber doch mit Wein arbeiten wollte.

Seine besondere Empfehlung ist der „Narassa“, ein französischer Cuvée aus Grenache und Syrah, der aus dem heißesten Teils Südfrankreichs stammt. Die „Domaine La Fage“ liegt nahe den Pyrenäen, sie gehört seit Mitte der 90er Jahre der gleichnamigen Familie, deren Mitglieder als „Winemaker“ in vielen bekannten Weinbauregionen gearbeitet haben. Auf den dunklen schieferhaltigen Böden des Guts wachsen an über 70 Jahre alten Rebstöcken großartige Trauben ­heran, die als gekonnt ausgebaute Weine internationale Beachtung finden. Der Narassa erweist sich als tiefdunkler Roter, kaum ein Lichtstrahl dringt durchs gefüllte Glas. Das liegt auch an der speziellen Keltermethode: Die fast überreifen Trauben werden komplett gepresst und die Maische komplett im Stahltank für fünf Wochen gekühlt. Die Gärung setzt erst ein, nachdem die Kühlung ausgeschaltet wurde. In der Flasche steckt am Ende ein mediterraner Knaller mit 15 Prozent Alkoholgehalt. Der mineralische Wein schmeckt intensiv nach Brombeeren und Kakao, grünem Pfeffer und provenzalischen Kräutern. Ganz schön viel Urlaub auf der Zunge. Auf dem abendlichen Balkon ist das, leicht gekühlt, der ideale Einstiegswein in den Herbst. Auch wenn oder gerade weil man sich dazu vielleicht schon einen Pullover überziehen muss.

Cavatappi: Körtestr. 28, Kreuzberg, Mo.–Fr. 12–20 Uhr, Sa. 10–18 Uhr, Tel. (030) 69 50 38 46,

www.cavatappi-weine.com

Angebot für taz-Leser: Bei Abnahme von 12 Flaschen „Saar Blanc de Noir“ 2017 vom Weingut WillemsWillems (0,75 l, 9,90 Euro) oder von 12 Flaschen „Narassa“ 2015 der Domaine La Fage (0,75 l, 15 Euro) erhalten Sie eine weitere Flasche dazu.

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