Wegen Äußerungen über Bartoszewski: Konsequenzen für Steinbach gefordert
Die Vertriebenenpräsidentin Erika Steinbach steht weiter in der Kritik. FDP-Politikerin Pieper fordert die Union und den Bund der Vertriebenen zu Konsequenzen auf.
BERLIN dapd/dpa | Die kritischen Äußerungen von Vertriebenenpräsidentin Erika Steinbach (CDU) über den polnischen Regierungsbeauftragten Wladyslaw Bartoszewski sorgen weiter für Kritik. "Das war sehr schädlich, was sie hier geäußert hat, auch in unserem deutsch-polnischen Verhältnis", sagte die Staatsministerin im Auswärtigen Amt und Polen-Beauftragte der Bundesregierung, Cornelia Pieper, am Freitag im ARD-Morgenmagazin. Die FDP-Politikerin forderte die Union und den Bund der Vertriebenen auf, über Konsequenzen nachzudenken.
Steinbach hatte am Donnerstag gesagt, der Deutschland-Beauftragte der polnischen Regierung, Bartoszewski, habe "einen schlechten Charakter".
Pieper sagte, die Beziehungen zu Polen seien "so gut wie noch nie". Mit Beleidigungen gegenüber Einzelpersonen schade man der Sache. Sie sei "sehr, sehr traurig über das, was Erika Steinbach hier gesagt hat". Bartoszewski sei ein sehr ehrenwerter Mann. Er habe sich wie kein anderer für die Versöhnung zwischen beiden Ländern und die deutsche Einheit eingesetzt.
Über politische Konsequenzen müsse sich die Union unterhalten, sagte Pieper. Und Erika Steinbach müsse sich selbst fragen, "ob ihr Beitrag wirklich der richtige war in der Debatte, oder ob sie nicht auch selbst Konsequenzen ziehen sollte aus dieser Frage, dass sie immer wieder beleidigend gegenüber unseren polnischen Partnern auftritt."
Steinbach tue auch der Arbeit im Stiftungsrat keinen Gefallen, sagte Pieper. "Da muss der Bund der Vertriebenen sich verständigen, wie man damit umgeht." Sie glaube, "dass Erika Steinbach nicht hilfreich ist für die Beziehungen zu Polen".
Am Donnerstagabend verteidigte Steinbach ihre Äußerungen. In der ZDF-Sendung "Maybrit Illner" räumte sie zwar ein, dass sie keinen ganz freundlichen Ton gebraucht habe – in der Sache nahm sie die Aussage, dass der 88 Jahre alte Auschwitz-Überlebende und frühere polnische Außenminister einen "schlechten Charakter" habe, aber nicht zurück. Ihre Einschätzung sei aus "sehr persönlichen Erfahrungen" erfolgt, sagte Steinbach.
Zu diesen Erfahrungen zähle, dass sie seit ihrem Amtsantritt als Verbandspräsidentin vor zwölf Jahren schwersten Attacken aus Polen ausgesetzt sei. Dort habe man sie zum Beispiel als "blonde Bestie" verunglimpft oder ihre Puppe verbrannt, sagte Steinbach. In Deutschland habe es niemanden gegeben, der sie dagegen in Schutz genommen habe.
Dies habe Spuren hinterlassen. Konkrete Vorwürfe gegen Bartoszewski erhob sie allerdings nicht.
"Dass ich mich gegenüber einem 88-jährigen alten Herrn etwas freundlicher hätte ausdrücken können, will ich unumwunden einräumen", sagte Steinbach. Aber es steckten bei ihr auch eine ganze Menge Verletzungen dahinter. Es gehe jedoch nicht allein darum, dass Bartoszewski ihre Briefe nicht beantwortet habe, sagte Steinbach. Dies sei "etwas zu kurz gegriffen".
Steinbach hatte erst vor einer Woche einen Proteststurm entfacht. Mit dem Satz "Ich kann es auch leider nicht ändern, dass Polen bereits im März 1939 mobil gemacht hat", sorgte die CDU-Politikerin auf einer Klausurtagung der Unions-Fraktion für Aufregung.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Rechtsextreme instrumentalisieren Gedenken
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“
Bundestagswahl am 23. Februar
An der Wählerschaft vorbei
Anbrechender Wahlkampf
Eine Extraportion demokratischer Optimismus, bitte!
Exklusiv: RAF-Verdächtiger Garweg
Meldung aus dem Untergrund
Wirbel um KI von Apple
BBC kritisiert „Apple Intelligence“