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Wege in den Verkehr

■ Minister Wissmann von eigener Studie widerlegt

Die Bundesregierung wogt hin und her im stürmischen Kampf um Umwelt und Arbeitsplätze. Der Kanzler wirft sich bei Klimagipfeln und anderen großen Anlässen in die Umweltbresche, um die Regierungen der Welt zur Umkehr zu bewegen. Schließlich hat sich inzwischen auch bis zu den Wählern herumgesprochen, daß zuviel Energie verbraucht wird, speziell in den Industrienationen. Wenn es allerdings in Bonn ans Gesetzemachen geht, erlahmt der Kampfeseifer oft recht schnell, dann wird nur noch taktiert. Die Heerführer der Industrie haben auch noch ein Wörtchen mitzureden.

Ein krasses Beispiel ist der Verkehr: Da wird auf europäischer Ebene herumgemurkst mit Vignetten für LKWs und mit Appellen für „Güter auf die Schiene“. Doch wirkungsvolle Richtlinien scheitern, weil sich noch immer genügend Regierungen oder Kommissare sperren. Wie praktisch für die Bundesregierung: Da kann sie mit dem Finger nach Brüssel zeigen.

Aber nationale Alleingänge sind möglich und wirkungsvoll, wie ein vom Bundesverkehrsministerium bezahltes Gutachten zeigt. Das ifo-Institut errechnete, daß eine kontinuierliche Steigerung der Mineralölsteuer um jährlich zehn Prozent eine Verminderung des Kohlendioxidausstoßes im Verkehr um ein Viertel zur Folge hätte – und Mineralölsteuer ist Sache der Länder, nicht der EU. Wichtig in Zeiten der Krise: Unter dem Strich hat das teure Benzin für die Gesamtwirtschaft keine nennenswerten Auswirkungen.

Das Gutachten ist eine Schlappe für Verkehrsminister Wissmann. Schließlich ist er gegen eine hohe Mineralölsteuer und propagiert statt dessen Maßnahmen wie die einer verbrauchsabhängigen KFZ-Steuer. Genau diese Maßnahmen aber erklärt die Studie für wirkungslos. So wird deutlich, wer dem Verkehrsminister den Weg weist: die Auto- und Mineralölindustrie. Beide Branchen hätten wirklich Nachteile durch den teureren Sprit.

Der gute alte Christian Morgenstern hält in den Palmström-Gedichten den Leitspruch parat, den sich Wissmann zu eigen machen muß, damit er politisch überleben kann:

„Und so kommt er zum Ergebnis, / daß ein Traum war das Erlebnis / denn, so schließt er messerscharf, / daß nicht sein kann, was nicht sein darf!“ Reiner Metzger

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