■ Weg isser!: Neue Bullenliebe
Menschenauflauf an der Straßenecke: Der Abschleppunternehmer nimmt einen Falschparker an den Haken. „City Service“ steht protzig groß auf seinem Schild – bis vor kurzem fand ich das eine euphemistische Unverschämtheit. Als Autofahrer ist man schließlich immer potentielles Opfer.
Einmal hatte es auch mich erwischt: Keine zehn Minuten stand ich auf einem von drei nebeneinanderliegenden, freien Behindertenparkplätzen, und weg war der Wagen, für 150 Mark und mit einigen kleinen Schrammen. Jetzt dagegen soll meinetwegen die ganze Stadt für Behinderte ausgeschildert werden. Her mit je einem City-Service-Wagen für jede Straße. Auch Politessen mag ich neuerdings. Und sogar die Bullen, die ich freundlich mit Herr Wachtmeister anrede und lobe, wenn sie Strafzettel schreiben.
Anja fragt, ob ich in ihrer vier Kilometer entfernten Wohnung während ihres Urlaubs die Blumen gießen könne. Ach so, du hast ja kein Auto mehr, dann laß mal, immer hier hochradeln, das ist ja nicht zumutbar. Gefallen wie diese entfallen für einen Autolosen, das ist schön.
Gelernt habe ich, daß man ohne Auto im Alltag schon eine Spur mehr Disziplin und Organisationstalent braucht. Während ich mich sonst schnell mal zu einer Stipvisite auf einen Kaffee, zur Kneipe am anderen Ende der Stadt hinkarrte, drohen jetzt beim Radfahren Regenwolken oder Komplikationen beim Bus. Mobilität wird ja von einem erwartet. Erst ohne Auto merke ich, wie überflüssig manche Fahrten waren: den Tabak in Belgien kaufen (etwas billiger, hierzulande nicht käufliche Sorte) oder per Auto statt Fahrrad zum Fußballspiel fahren (Ausrede: Nachher ist man immer so kaputt). Dafür nehmen mich jetzt andere zum Kicken mit, und den Tabak bringt mir gerne jemand anders mit. Bernd Müllender
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