piwik no script img

Wasserwerke in den roten Zahlen

■ Misere im Ostteil führte erstmals seit Jahren zu Verlusten

Erstmals seit zehn Jahren haben die Berliner Wasserwerke 1992 Verluste gemacht. Der Hauptgrund: Im Ostteil der Stadt ist der Wasserverbrauch drastisch gesunken. Nachdem die Wasserbetriebe 1991 noch einen Gewinn von 23 Millionen Mark verzeichneten, ergibt die gestern vorgestellte Bilanz für 1992 Miese von 35,2 Millionen Mark. Im laufenden Jahr seien weitere Verluste von 100 Millionen Mark angefallen, erklärte der kaufmännische Geschäftsleiter Ortwin Scholz. Der Eigenbetrieb muß somit Einbußen von rund 135 Millionen Mark verbuchen, wenn er, wie vom Senat beschlossen, zum 1. Januar 1994 Anstalt des öffentlichen Rechts wird.

Trotz des Jahrhundertsommers 1992 gaben die Wasserbetriebe seinerzeit mit 271 Millionen Kubikmetern ein Prozent weniger Wasser als 1991 ab. Der Grund: Im Juli und August hat es heftig geregnet, und die Jahresniederschlagsmenge lag somit um 27 Prozent über dem Vorjahreswert. Als Hauptursache für den verringerten Verbrauch nannte Scholz jedoch den Rückgang der industriellen Produktion im Ostteil. Aufgrund der Rezession bezögen weniger Betriebe Wasser, was wiederum zu weniger Abwasser führte. Aber auch die Ostberliner Haushalte gingen sparsamer mit dem Naß um, seit die Tarife dem Westteil angeglichen worden seien und der individuelle Verbrauch durch neue Wasseruhren berechnet würde. So gesehen habe die von den Wasserwerken geförderte Öko-Sparkampagne einen wirtschaftlichen Bumerang-Effekt. Dem Geschäftsleiter zufolge reduziert ein geringerer Wasserverbrauch durchaus nicht automatisch die Kosten der wassertechnischen Ver- und Entsorgung Berlins. Denn der Betrieb der Wasser- und Klärwerke und der Unterhalt der Rohrnetze bedeuten Festkosten, die immerhin drei Viertel der Gesamtaufwendungen ausmachten.

Die Zahlen belegen, daß im Osten der Stadt weniger Wasser verbraucht wird als im Westteil. Industrie und Gewerbe eingerechnet, fließen pro Einwohner im Westteil täglich 221 Liter durch die Hähne, während es im Osten nur noch 204 Liter sind. In den ersten acht Monaten 1993 wurden rund 11,5 Prozent weniger Trinkwasser als im gleichen Vorjahreszeitraum gefördert. Angesichts dieser Bilanz mahnten die Wasserbetriebe zum wiederholten Mal eine drastische Tariferhöhung für Wasser- und Abwasser an. Zum Ausgleich der Verluste müßten die Preise um mindestens 10 Prozent erhöht werden, so Scholz. Eine „Preisanpassung“ sei um so notwendiger, da der Senat das Grundwasserentnahmeentgelt von derzeit 30 Pfennig pro Kubikmeter um weitere 20 Pfennig anheben wolle. Thomas Knauf

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen