Wasserstraßen: Flache Spree statt Tiefensee

Die Kritik am Ausbau der Spree für Riesenkähne wird lauter: Zwei Gutachten der Senatsverwaltungen fordern einen Ausgleich für die erwarteten Umweltschäden. So sollen bis zu 1.000 Bäume gefällt werden, Lebensraum für Tiere könnte verloren gehen.

Die Pläne für den Spreeausbau zwischen Charlottenburg und Spandau sind "unvertretbar". Zu diesem Ergebnis kommen zwei Gutachten der Senatsverwaltungen für Umwelt und Stadtentwicklung, die der taz vorliegen. Darin heißt es, die vorgesehene Vertiefung und Verbreiterung der so genannten Trasse Nord stellten einen "unvertretbar größeren Eingriff in Natur und Landschaft" dar. Schlimmer noch: Die baulichen Veränderungen würden "den gegenwärtig kritischen Zustand verschlechtern" und damit die Vorgaben der Wasserrahmenrichtlinie verfehlen.

Das Wasserstraßen-Neubauamt (WNA), das Bundesverkehrminister Wolfgang Tiefensee (SPD) untersteht, will den westlichsten Abschnitt der Spree zwischen der Schleuse Charlottenburg und der Mündung in die Havel in Spandau auf fünf Kilometern Länge ausbauen. Das Vorhaben ist Teil des Projekts 17, das vorsieht, den Westhafen für "große Rheinschiffe" - Schubverbände von 185 Meter Länge - erreichbar zu machen.

Mit den Stellungnahmen wollen die Senatsverwaltungen das WNA drängen, Ausgleichsmaßnahmen für die anstehenden drastischen Eingriffe in die Natur umzusetzen. Auch Umwelt schutzorganisationen wie der BUND warnen seit langem vor den ökologischen Konsequenzen. Der Verband geht davon aus, dass für den Trassenausbau rund 1.000 Bäume gefällt werden müssen. So soll etwa das Spandauer Horn, eine Landzunge gegenüber der Altstadt, abgegraben werden. BUND-Referent Manfred Krauß rechnet zudem mit einem signifikanten Absinken des Grundwasserspiegels. Dadurch würden angrenzende Naturschutzgebiete und Lebensräume unter Wasser geschädigt.

Durch den Widerstand der Senatsverwaltungen könnte sich der umstrittene Spreeausbau weiter verzögern. Zuletzt hieß es, dass ein Baubeschluss zum Jahreswechsel stehen solle und die Arbeiten im Frühjahr 2008 beginnen könnten. Doch der stellvertretende Leiter des WNA, Norbert Porsch, stellte gestern einen neuen Termin in Aussicht, bei dem die Bedenken von Senat und Umweltgruppen gehört würden. "Es gibt im November einen Erörterungstermin", sagte er.

BUND-Mann Krauß begrüßte den neuen Erörterungstermin: "Eine Bauverzögerung ist zumindest ein Teilerfolg." Seiner Ansicht nach ist das Projekt nicht nur ökologisch verheerend, sondern auch wirtschaftlich unsinnig. So habe sich der Schiffsverkehr und damit der Bedarf für eine Wasserautobahn in den letzten Jahren stark verringert. Selbst das Verkehrministerium ginge für die Trasse Nord inzwischen von nur einem Riesenschiff pro Woche aus. "Trotzdem wird der Westhafen kapazitätsmäßig ausgebaut, als liege dahinter das Ruhrgebiet", so Krauß.

Die Gutachten der Senatsverwaltungen kritisieren insbesondere das "grundsätzliche Defizit" an Ausgleichsmaßnahmen. So müssten etwa die für Fische lebenswichtigen Flachwasserzonen ausgedehnt und die Uferbepflanzung ökologisch wirksam gestaltet werden.

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