Wassersport: Ein paar Wellen geschlagen

Wasserball wird von den Medien ignoriert - gerade weil der Meistertitel fast immer nach Spandau geht. So auch dieses Jahr. Der Spandauer Kapitän der Nationalmannschaft gelangte mit Chinakritik sogar ganz kurz zu Medienruhm.

Der Spandauer Bezirksbürgermeister Konrad Birkholz nuschelte ein paar schablonenhafte Glückwunschsätze ins Mikrofon. Die Sportler bekamen einen Plastikbecher mit Bier sowie eine Flasche kroatischen Schnaps aus der Heimat der Mannschaftsbetreuerin gereicht. Zum Abschluss gab es noch einmal müden Applaus von den engsten Angehörigen der Mannschaft. Und schon war sie zu Ende, die offizielle Vorstellung des Deutschen Wasserballmeisters 2008, die am Samstagnachmittag auf dem Olympiagelände am Rande eines Kinderfestes schnörkellos über die Bühne gebracht wurde.

Bereits am Mittwoch hatten die Wasserfreunde Spandau 04 beim ASC Duisburg die Finalserie mit einem 11:7 Sieg nach Verlängerung für sich entschieden. Es war der 28. Meistertitel in den letzten dreißig Jahren. In der überregionalen Presse reichte dieser Erfolg lediglich für eine Randnotiz. Die Berliner Dominanz macht die Randsportart für die Berichterstatter noch uninteressanter. "Nach unserer einzigen Saisonniederlage in Duisburg standen wir im Videotext ganz vorn", erzählt Sören Mackeben. "Für die öffentliche Wahrnehmung des Wasserballs hierzulande ist eine Niederlage von uns Gold wert."

Mackeben selbst fehlte bei diesem Ausnahmeereignis. Er war gesperrt. Vier Jahre hat er insgesamt für Spandau gespielt und noch nie eine Bundesligapartie verloren. Das ist selbst für Berliner Verhältnisse außergewöhnlich. Als Spandau im Jahre 2006 nur Vizemeister wurde, stand Mackeben in Ungarn unter Vertrag. Erst zu dieser Saison kehrte er wieder zurück.

Bei der Meisterpräsentation am Samstag, als die Spieler ihrer Größe nach vorgestellt wurden, stellte sich der vorwitzige Mackeben auf eine Bank. Er gehört mit 1,83 Metern zu den Kleinsten im Team. "Seine körperliche Konstitution ist nicht optimal für einen Wasserballer", sagt Bundestrainer Hagen Stamm, der auch Präsident von Spandau 04 ist. Doch durch seinen unglaublichen Fleiß und Einsatz mache er dies aber wieder wett. Er verrichte meist die Drecksarbeit für die anderen. Ein absolutes Vorbild. Deshalb habe Stamm ihn zum Kapitän der Nationalmannschaft ernannt. Aufgrund seiner unspektakulären Spielweise würde seine Leistung oft nicht angemessen gewürdigt werden. Insofern ist Sören Mackeben gewissermaßen ein Unscheinbarer in einer kaum beachteten Sportart.

Umso mehr überraschte den 29-Jährigen, welche Aufmerksamkeit er in diesem Frühjahr mit ein paar wenigen Worten erzielen konnte. Ein Reporter wollte wissen, welche Protestform er sich für die Olympischen Spiele in Peking vorstellen könnte, um gegen die Menschenrechtsverletzungen in Tibet zu protestieren. Vielleicht könnte man orangenfarbene Bademäntel tragen, um an die gleichfarbigen Kutten der tibetischen Mönche zu erinnern, sagte Mackeben so dahin. Im Nu erreichten ihn unzählige Interviewanfragen. Mehr als in seinem ganzen Sportlerleben zuvor, so der gebürtige Hannoveraner. Er sah sich auch in der "Tagesschau". "Auf einmal war Wasserball Volkssport", sagt Mackeben ironisch. Und er zählte plötzlich zur den politischen Vordenkern der deutschen Olympioniken.

"Man wird von den Medien schnell vor einen Karren gespannt", hat Mackeben erkannt. Er sträubte sich dagegen, weil er, wie er zugibt, gar keine Ahnung hatte. Deswegen wollte er mehr erfahren - auch von der Gegenseite. Er wählte den direktesten Weg und rief kurzerhand bei der chinesischen Botschaft an. Seinem Wunsch, den obersten Repräsentanten zu sprechen, wurde schnell entsprochen. Doch nach dem zweistündigen Gespräch habe er sich ziemlich verloren gefühlt. Zur allgemeinen Einhaltung der Menschenrechte werde er sich nach wie vor in jedem Interview aussprechen, sagt Mackeben. Ihm sei es aber zu banal, wenn man mit diesem Bekenntnis den so häufig geforderten "mündigen Athleten" verbinde. Welcher vernünftige Mensch würde denn nicht für den Schutz der Menschenrechte plädieren?

Den Mut, sich darüberhinaus zu positionieren, besitzt Mackeben nicht. Das dürfe man von Sportlern auch nicht fordern, findet er. Der Tibetkonflikt habe eine komplexe politische Dimension, wie er erfahren habe. Er fühlt sich dieser Problematik nicht gewachsen. Klar geworden ist ihm zwar: "Die Olympischen Spiele in Peking sind politisch. Das kann man nicht ignorieren." Er möchte aber zurückhaltender mit seinen Äußerungen sein.

So bleibt dann alles wie gehabt. Von Mackeben und dem deutschen Wasserball wird man kaum etwas hören oder lesen.

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