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Waschnuss-Mangel in IndienSchmutzwäsche durch Bio-Boom

Bio boomt, auch beim Waschen. Doch die hohe Nachfrage nach indischen Waschnüssen in Europa macht sie für Inder zu teuer.

Trotz seines hohen Nuss-Verzehrs ist das Eichhörnchen nicht für die Waschnuss-Knappheit in Indien verantwortlich. Bild: dpa

BERLIN taz Diese drei schrumpeligen, rotbraunen, walnussgroßen Schalen sollen eine Maschinenladung Wäsche sauber machen? Ökos schwören seit Jahren auf indische Waschnüsse. Doch seit bio in geworden ist, erleben auch die Früchte des Ritha-Baums einen Nachfrageboom. Denn das Waschmittel ist durch und durch bio: Der asiatische Baum wächst wild, die Nussschalen, in denen sich der Wirkstoff Saponin befindet, können nach Gebrauch in den Kompost getan werden. Keine Chemie, kein schädlicher Abfall. Alles wunderbar - jedenfalls für europäische Konsumenten und indische Exporteure.

Für die meisten Inder sind die Nüsse hingegen kaum noch bezahlbar. Sie greifen zwar ohnehin nur noch selten zu dem traditionellen Waschmittel. Denn die wenigsten besitzen Waschmaschinen. Und seit es vergleichbar billiges chemisches Waschpulver in Blockform gibt, ist es einfacher, per Hand damit zu säubern, als den ölhaltigen Kern aus den Nüssen zu klauben und die Schalen in Wasser aufzukochen, damit sie ihre reinigende Wirkung entfalten. Doch selbst, wer wollte: Der Preis für ein Kilo Nüsse hat sich seit 2003 im Land versechsfacht. Ende des Jahres lag er im Durchschnitt bei mehr als 60 Rupien, rund einem Euro. "Da hat sie in Indien wirklich niemand mehr gekauft", sagt Arshdeep Virk.

Der Unternehmer exportiert Waschnüsse nach Europa und Kanada. Von den Ritha-Bäumen in der Himalaja-Region sammeln Dorfbewohner die Früchte. Per Hand oder mit einem Stein brechen die Frauen die Schalen auf, sortieren die Kerne aus. Dutzende Kilo schafft eine in wenigen Tagen, einmal pro Woche holt Virks Unternehmen die Waschnüsse ab. Dann geht es damit nach Europa und Kanada. Als vor drei Jahren der Boom so richtig begann, witterten indische Exporteure ihre Chance: In ihrem Angebot gab es nun auch das Biowaschmittel. So hätten die Händler zwar begeistert die Nüsse vertrieben - doch daran, ein paar Ritha-Bäume zu pflanzen, um mit der Nachfrage Schritt halten zu können, hätte kaum jemand gedacht, beklagt Virk. Zumindest würden die Bäume nun nicht länger nur noch als Brennholzlieferant betrachtet.

Virk könnte mehr Geld verdienen, gäbe es mehr Nüsse. Und gleichzeitig würde ein größeres Angebot der Früchte den Preis auch im Land wieder stabilisieren. Denn nur ums Geschäft allein geht es ihm nicht: "Öko-Sachen können sich im Moment nur reiche Inder leisten. Wie soll man da dem Großteil der Bevölkerung umweltschonende Traditionen wieder näherbringen?", sagt Virk.

In Europa hingegen wird derweil darüber diskutiert, wie oft die Schalen, die in einem Baumwollsäckchen in die Waschmaschine gelegt werden, verwendet werden können, ob die Wäsche tatsächlich so sauber wie mit herkömmlichen Mitteln wird und wie sie dennoch frisch duftend aus der Trommel kommt. Während Öko-Test der Waschleistung das Gesamturteil "mangelhaft" ausgestellt hat, widersprechen dieser Bewertung zahlreiche Einträge in Internetforen - von "hervorragend" und "zuverlässig sauber" ist da die Rede. Denn auch bei Waschnüssen gibt es unterschiedliche Qualitäten, je nachdem wie saponinhaltig die Frucht ist. Ein Kilo davon - etwa hundert Schalen - kostet zwischen zehn und 25 Euro.

Uneins ist man sich, ob ein Säckchen Nüsse bei einer Waschtemperatur von maximal 40 oder 60 Grad zwei- oder dreimal verwendet werden kann. Einig hingegen wieder darüber, dass die Kleidung nach dem Waschgang zwar weich, aber duftfrei ist - ein Tröpfchen ätherischen Öls könne aber Abhilfe schaffen.

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8 Kommentare

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  • unessbare kastanien waschen auch!!!!!!!!!!!!!!!! die sind vor der haustür und auch noch kostenlos

  • WV
    Walter Volmer

    Ich lese immer wie gut die Nüsse sind, mich würde aber interessieren, wie werden Sie verwendet, Menge ?????, wie oft ??????, bei welcher Wäsche ???

    welcher Temperatur ????

    Wie weit reichen ein Kilo Nussschalen ??. bei einem Preis zwischen

    10 und 20 Euro, sehe ich keine große Ersparnis.

  • CG
    Christian Gloor

    W A S C H N U S S und richtige Anwendung

    Waschnüsse unbedingt mit einer Rebschere z.Beisp.

    fein zerschneiden ! Die sehr kleinen Stücke geben

    sofort sehr viel Saponin ab (im heissen Wasser)

    die Waschleistung ist besser, da die waschaktive Substanz bereits von Anfang an waschen kann . Nach der Waschzeit

    verbleiben keine Saponinresten in den Schalen und

    die Wäsche wird Rückstandslos gespühlt !

     

    Ausserdem ! S o n n e n k o l l e k t o r e n (für Heizung und Boiler)

    bringen enorme Vorteile auch beim Waschen ! Die Waschmaschine ans Heisswasser angeschlossen, verkleinert

    Aufheizzeit und Strombedarf ! Die Waschnuss-Stücke werden

    von Beginn an weich und geben Saponin ab !

    Leider scheint es ratsam, in gewissen Abständen

    mit einem gut wirksamen Waschmittel zu waschen. Waschnüsse

    müssten in der Ganzheit der Kulturgeschichte betrachtet

    werden und dürften moderne Verschnutzungen

    beispielsweise aus Industrie und Handwerk (Fette, Farben)

    nur unbefriedigend reinigen. Ungenügend gereinigte

    Baumwollstoffe zum Beispiel (T-shirts) reichern eigenartig

    hässliche, seiffige Verweesstoffe an und müssen weggeworfen werden ! Die Waschnuss bedarf unbedingt sehr heisses Wasser.

    Besser 70 als 60 Grad , zum Nachteil des Stromes leider -

    doch wie gesagt : Der Sonnenkollektor kann hier wieder

    Ausgleich schaffen !

  • K
    Karen

    Ich habe die Waschnüsse eher zufällig bei Edeka gefunden.Da ich sehr empfindlich auf fast alle Wasch-

    mittel reagiere, war ich erstmal begeistert, Haut,

    Nase, alles hat sich gefreut. Ich mag den Geruch ja

    sehr gerne, für mich riecht das 'frisch'und irgend-

    wie vertraut. Was ich schon merke, ist dass hart- näckiger Schmutz nicht so gut rausgeht und das weiße Wäsche nicht mehr ganz sauber wird. Habe aber gerade gelesen, dass es im Bioladen Sauerstoffbleiche dafür gibt und für weichere Wäsche Zitronensäure verwendet werden kann.Ich mag auf die Nüsse nicht mehr verzichten. Was ich auch nicht wußte, ist, dass man einen Sud von den Nüssen für die Wäsche von Haar und Haut benutzen kann und das die Waschnüsse Heilwirkungen, z.B. bei Pilzbefall und ähnlichem haben. Ist ja enorm praktisch für unterwegs oder bei Trekkingtouren.

    Toll, was es alles gibt da in der Natur!

  • I
    Irene

    Sind eine zehnköpfige Familie. Unsere Miele schafft täglich drei bis 6 Maschinen voll.

    Die Waschnüsse hab ich erstmals vor einigen Wochen probiert als ich sie beim Surfen zufällig entdeckt hab.

     

    Bin total begeistert und verwende seither ausschließlich Waschnüsse. Sogar unser 18-jähriger Sohn der derzeit bim Bundesheer ist, hat sich von sich aus total positiv über das völlig geruchlose Wäschefeeling geäußert.

     

    Hilft nicht nur massiv Kosten sparen, sondern ist auch ökologisch unbedenklich und liefert erstklassige Waschergebnisse ab 40°. Kauf das 1/4 Kilo bei DM um 3,50 und offenbar sind die Nüsse von bester Qualität.

     

    Alle unsere früheren Versuche mit Ökowaschmitteln sind egal womit immer kläglich an der meist umständlichen Bedienung oder den schlechten Ergebnissen, meist beides, gescheitert. Dies ist das erste Mal, dass ich und eigentlich die ganze Familie restlos begeistert ist. Hoffe doch sehr, dasss in Indien daraus ein ökologisch unbedenklicher ein für die arme Landbevölkerung einträglicher Geschäftszweig entsteht.

  • MR
    Manuela Reuther

    Alles hat zwei Seiten, selbst der Bioboom, wie dieser Artikel deutlich macht.Mit der Waschwirkung der Nüsse bin ich sehr zufrieden, auch benutze ich sie aus Allergiegründen zur Körperpflege. Haarwäsche funktioniert super damit und man muß sie weniger waschen, da die Haare nicht so abhängig von dem Zeug werden, wie von Normalen Shampoos. Das die Preise für die Waschnüsse im Land steigen ist ein nachvollziehbarer wirtschaftlicher Prozess, den wir in jeder Brance kennen. Die Inder aus meiner Bekanntschft schauen mich auch verständnisslos an, wenn ich erzähle, daß ich mit Waschnüssen wasche. Das macht man seit dem Mittelalter nicht mehr meinte einer sogar mal scherzhaft zu mir.

     

    Schlimmer ist die Preisentwicklung beim Mais. Die Menschen, die ihn zum Leben brauchen verhungern, weil sie sich ihr Hauptnahrungsmittel nicht mehr leisten können und was macht der Europäer? Stellt daraus "Biotreibstoff" her, den nur ein viertel aller Fahrzeuge vertragen. Warum??? Weils Chic ist und "Umweltfreundlich" Für Herstellung und Transport des sogenannten Biotreibstoffes werden aber trotzdem Munter immer mehr Schadstoffe in die Luft gepustet und Erdöl aus der Erde gepumpt, aber diese Kehrseiter derBiomedallie sieht leider kein Mensch. Wir sollten langsam mal aus unserem Biowahn erwachen, und prüfen wieviel Bio auch tatsächlich Bio ist und damit umweltfreundlich.

  • BK
    Barbara Kirsch

    Erst macht mir der Artikel ein schlechtes Gewissen, weil Waschnüsse in Indien knapp und teuer geworden sind und ich als wohlstandsverwöhnte Europäerin die armen Inder ihrer letzten Würde - sauberer Wäsche - beraube. Dann lese ich, daß in Indien Waschnüsse kaum noch benutzt und die Waschnußbäume zu Brennholz zerhackt werden. Also kann ich mein Gewissen beruhigen, die Nüsse weiter verwenden und muß mir nicht die empfindlichen Nasenschleimhäute mit chemischen Duftkampfstoffen konventioneller Waschmittel verätzen. Übrigens geben nicht nur ätherische Öle der Waschnußwäsche angenehmen Duft. Ein oder zwei Tropfen vom Lieblingsparfüm wirken Wunder. Wäre noch abzuwarten, ob die aus der Waschnußindustrie hervorgehenden Arbeitsplätze für die Arbeitnehmer erträglich sind (Bezahlung, Arbeitsbedingungen) und ob künftige Waschnußbaumplantagen nicht in Umweltzerstörung und Monokultur enden.

  • A
    Annette

    Ich hab die Waschnüsse ausprobiert und in jeder Hinsicht als ungenügend empfunden. Vielleicht war die Dosierung nicht hoch genug, und säuerlich riechen tut die Wäsche danach auch. Also ich bleib bei Sodasan oder Ecover.