■ Press-Schlag: Was will der Mensch in Freiheit?
Spiel, Satz, Law and order, aber bitte sehr! Günter Parche (40), der „Seles-Attentäter“ vom Hamburger Landgericht, wieder nur zweijährig auf Bewährung verurteilt? Und diesmal gar endgültig? Da geifern die Tennisdamen. „Absolut lächerlich“, sagt Conchita Martinez, für Pam Shriver ist es „ein Schock“. Warum? Weil man den kleinen Mann aus Thüringen nicht aufgehängt hat, sondern ihm einen fairen Prozeß gemacht hat?
Aber was: Gesetzbuch. Hier geht es schließlich um viel mehr. Hat nicht die betroffene Monica Seles wissen lassen, daß sie bereit sei, wieder Tennis zu spielen, wenn Parche nur endlich hinter Gittern lande? Und ist es nicht so, daß sie nun zu Hause bleibt? Nun ist die durch Parche gestörte Psyche von Seles eine Sache, eine Verurteilung des „einfach struktuierten Angeklagten“ aus schlicht populistischen Gründen aber fast ein bisserl viel verlangt.
Der „Täter“ werde „geschont und das Opfer weiter bestraft“, findet der tennisinteressierte US-Kabelsender ESPN. Und WTA-Frauentennis-Chefin Worcester ist der Meinung, „daß das Gericht Unrecht gesprochen hat“.
Monica Seles nämlich ist eine Protagonistin, die die Branche Frauentennis braucht, um den Profit nicht zu gefährden. Und Günter Parche ist ein armes Schwein, das nicht einmal in der Lage ist, für 30.000 Mark bei „Schreinemakers“ aufzutreten. Absolut unvermarktbar. Was will der Mensch eigentlich in Freiheit? pu
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