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Was machen eigentlich die Intellektuellen so?

Auf nebenstehendem Werbeplakat sehen Sie das Bild eines echten Intellektuellen. Im typischen Outfit: weißer Schal, sitzt er am bevorzugten Ort der Intellektuellen: dem Kaffeehaustisch, und widmet sich der schönsten und vornehmsten Aufgabe des Intellektuellen: er liest. Es handelt sich also um einen Intellektuellen klassischen Zuschnitts. Aber was will uns dieses Bild sagen? Links vor dem Intellektuellen steht eine Kaffeetasse – es muß durchaus nicht immer Rotwein sein –, deren Größe allerdings eher auf Cappuccino als auf – eigentlich klassischer – Espresso schließen läßt. Rechts im Bild, auf gleicher Höhe mit besagter Kaffeetasse, steht der Satz: „Konsequent anders.“ Dieser Intellekuelle, will das sagen, ist eben konsequent anders, der trinkt keinen Rotwein und einen Espresso erst recht nicht, der leistet sich die Abweichung. Vor dem Intellektuellen liegt ein Päckchen Zigaretten, auf dem steht das gleiche wie in dem Quadrat – zur Kaffeetasse höhenmäßig leicht versetzt – am rechten Bildrand. Ein Flußname. Der Intellektuelle raucht – klassisch! –, vermutlich eine Zigarette aus besagtem Päckchen. Der Intellektuelle liest ein Buch. Sein Mund ist leicht geöffnet. Das könnte natürlich vom Rauchen kommen. Vielleicht lacht er aber auch gerade, über eine besonders treffende Formulierung. Oder er liest sie sich leise vor, um ihrem Klang nachzuspüren – sehr verbreitet, gerade unter klassischen Intellektuellen.

„Pariser Lehrjahre“, heißt das Buch. Von Nicolaus Sombart. Das ist ja derselbe, der am oberen Bildrand diese treffende Formulierung über das Verhältnis von Rauchen („nein“) und Rauchkultur („ja“) macht! Ist vielleicht gar der amüsierte Intellektuelle Nicolaus Sombart selber? Der in Berlin einen der letzten Salons unterhält? Na klar, er ist's, er muß es sein! Denn schließlich stammt von ihm die goldene Leseregel: „Fremdes nein – Eigenes ja.“ bh/Foto: W.Borrs

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