: Was lesen Schriftsteller?-betr.: Monika Marons "Das neue Elend der Intellektuellen", taz vom 7.3.90
Betr.: Monika Marons „Das neue Elend der Intellektuellen“ vom 7. 3. 90
Verstanden habe ich Monika Marons Essay als möglichen Einstieg in eine Diskussion. Um so enttäuschter bin ich über die veröffentlichten Wortmeldungen von zwei Schriftstellern. Aus den Zeilen von Frau Höntsch spricht fast ausschließlich persönliches Betroffensein; kaum eine inhaltliche Bezugnahme - wie schade. Lesen manche Schriftsteller nur das, was sie glauben, auf sich beziehen zu müssen, um sich schnell zu rechtfertigen? Entschuldigung enthält schon das Wort Schuld; warum nicht ein ehrliches Bekenntnis zu dem Teil Feigheit und auch Schuld.
Ist es nicht bezeichnend, wenn ein Vertreter der „proletarischen Minderheit“ zu den treffendsten Formulierungen kommt? Womöglich ein Hinweis darauf, daß der im Essay konstruierte Zwiespalt zwischen Intellektuellen und Volk weder in der Geschichte noch in der Gegenwart in dieser (Rein)form anzutreffen ist. S. Weichsel, Berli
Endlich ein klares Wort aus dem Kreis der Schriftsteller. Die auch von mir sehr verehrten Herren Grass, Heym, Strittmatter sollten mal ein bißchen unter dem Volk leben, z.B. als Lehrer, so wie ich. Vielleicht gewönnen sie dann einen klareren Blick. Sie, Frau Maron, kennen die Problematik des Bitterfelder Raumes.
Gespräche in der Schule, auf der Arbeitsstelle, in Verkehrsmitteln konnten gefährlich werden für den Gedankenformulierer. Die Langohren hockten überall. Seit der Französischen Revolution hat das Volk das Recht genutzt.
Sie haben, liebe Frau Maron - nun sage ich es doch - ein klares Wort zur Haltung der Intellektuellen gesprochen. H.-Joachim Bergmann, Gube
Werte Frau Maron! Ich hoffe, Ihren Artikel lesen wirklich nur jene, welche er betrifft. Was Sie hierzu zu sagen haben, meinen sagen zu müssen hinsichtlich der Intellektuellen, will ich nicht bewerten. (...)
Alldieweil spricht Ihr Text von totaler Unkenntnis, denn die ersten Kinder der Revolution waren nicht nur jene, die flüchteten, sondern auch jene, die blieben und sich wehrten
-für eine andere DDR! Lutz Süß, Au
Der Kommentar des Herrn Kempel zum Spiegel-taz-Essay von Monika Maron hat mich regelrecht schockiert. Ich bin ohne wenn und aber für uneingeschränkte Meinungsäußerungen, deshalb sollte es auch jedem Bürger gestattet sein, unsinnigen Unsinn zu verbreiten. Wenn dahinter aber ein Intellektueller steht?
Sie, Angehöriger des Herbstvolkes, sollten eigentlich wissen, daß die uneingeschränkt Aufrechten dem Frühlings und Sommervolk vergangener Jahre angehörten. Ich bezweifle, daß Sie zu den Auserwählten gehören, denn dann hätten Sie den Herbst nicht so betont, Herr Kempel!
„Das Volk“ der Montagsdemonstrationen vom Herbst letzten Jahres und „das Volk“ vom darauffolgenden Winter, zumindest bis Mitte Januar, sind nicht verschiedene Leute. Sie diffamieren ohne Einschränkung ehrliche und fleißige Menschen, die zweifelsohne nicht alle so mutig wie Sie waren. Es ist Ihr gutes Recht, gegen die Wiedervereinigung zu sein. Aber, wie wollen Sie diesen selbständigen Staat DDR wieder aufbauen? Mit intellektuellem Geschwätz geht das nicht. Für den Wiederaufbau brauchen Sie mit ihren Händen arbeitende Menschen. Volker (?), Nordhause
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen