Was auf die Straße treibt: Streik bei der Bahn
Nicht nur hierzulande drohen Arbeitsniederlegungen bei der Bahn, sondern auch in Belgien. Dort geht es aber nicht um Löhne.
Es geht um mehr Geld wegen der hohen Inflation, um bessere Sozialleistungen und um neue Stellen. Aber Streik geht auch mit anderen Motiven: In Belgien wollen die Bahnbediensteten jetzt für das Wohl ihrer KundInnen in den Ausstand treten, ganztägig am 10. März.
Die christlichen und sozialistischen EisenbahnerInnen im Nachbarland wollen damit gegen die chronische Unterfinanzierung und den Sparkurs im öffentlichen Dienst ankämpfen. „Wir haben täglich mit Personalmangel zu kämpfen. So können wir unseren Fahrgästen keine gute Dienstleistung bieten, wie es sich gehört“, sagt Gunther Bauwens von der sozialistischen Gewerkschaft ACOD Spoor. Jeden Tag gebe es Verspätungen oder Komfortprobleme: „Wir wollen der Regierung ein deutliches Signal senden.“
Stellvertreterstreik in Belgien
Mit dieser Art Stellvertreterstreik wolle man die Politik drängen, endlich „proaktiv in die Bahn zu investieren“, so Bauwens. Das heißt: mehr Einstellungen und Infrastrukturausbau. In letzter Zeit wären die Zuschüsse lediglich eine „Kompensierung für Einsparungen in der Vergangenheit“. Dem Streik der Bahn schließen sich die Gewerkschaften der großen Busgesellschaften De Lijn (Flandern), TEC (Wallonie) und die Brüsseler Verkehrsbetriebe an.
In Belgien ist die Pünktlichkeit der nationalen Fernzüge 2022 derzeit auf 89 Prozent abgestürzt, der niedrigste Wert seit 2017. „Die Regierung ist schon mit einer Pünktlichkeit von 91 Prozent zufrieden. Wir finden, das ist zu wenig“, so Bauwens. „Wir bei der Bahn haben mehr Ambitionen als die Politik.“
In der Eisenbahnrepublik Deutschland schafften IC und ICE im vergangenen Jahr nur 65 Prozent Pünktlichkeit, in den Sommermonaten waren es weniger als 60. Züge mit weniger als sechs Minuten Verspätung gelten dabei als pünktlich, auch wenn sich dadurch Folgeverspätungen ergeben. Ausgefallene Züge zählen in der Bahnstatistik erst gar nicht mit.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Israelische Drohnen in Gaza
Testlabor des Grauens
Umfrage zu Sicherheitsgefühl
Das Problem mit den Gefühlen
Rekrutierung im Krieg gegen Russland
Von der Straße weg
Berliner Sparliste
Erhöht doch die Einnahmen!
„Freiheit“ von Angela Merkel
Die Macht hatte ihren Preis
Gewalt an Frauen
Ein Femizid ist ein Femizid und bleibt ein Femizid