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Archiv-Artikel

NEUES DENKEN Warum wir protestieren

Es ist völlig normal, dass sehr viel weniger Menschen gegen einen oberflächlichen G-8-Gipfel protestieren als gegen soziale Kürzungen, die den Durchschnittsmenschen viel direkter betreffen. Viele Menschen, die normalerweise auf die Straße gehen würden, sind angesichts des fast schon unüberschaubaren Ausmaßes der von den G-8-Staaten und ihren Organen verursachten Probleme apathisch geworden. In einer unmöglichen Schlacht bleiben viele Leute eher zu Hause, als sich dem Risiko von Tränengas und Straßenschlachten auszusetzen.

Bei Protesten gegen die G 8 geht es weniger darum, Veränderungen herbeizuführen, als um den Nachweis, dass der Weg von kapitalistischer Stabilität zu dramatischem Wandel sehr kurz ist. Unter der dünnen Firnis der Stabilität tickt eine Zeitbombe. Die Leute sind angepisst, und zwar zu Recht. Der G-8-Gipfel und auch die Proteste dagegen sind lediglich Theater. Aber wir wollen in diesem Theater nicht die Bösen spielen.

Wer auch immer beschloss, den G-8-Gipfel in Nordirland abzuhalten, wusste genau, was er tat. Dass es hier immer noch militante Republikaner gibt, legitimiert gigantische Sicherheitsausgaben. Würde der Gipfel in London stattfinden, gäbe es viel größere Proteste. Die Straßen würden brennen wie in Istanbul.

In Städten kann man sich verstecken und Aktivisten können Katz und Maus mit der Polizei spielen, nicht Raubvogel und Maus, wie es in Nordirland sein wird. Die Sicherheitsdienste wissen das. Der G-20-Gipfel in Toronto vor drei Jahren war wohl der letzte dieser Art in einer größeren Stadt. Irgendwann werden die Machthaber so viel Angst bekommen, dass sie die Gipfel ganz absagen.

Der Autor ist einer der Organisatoren der Proteste gegen den G-8-Gipfel in Großbritannien und bleibt auf eigenen Wunsch anonym.