Warum über einen Neonazi-„Trauermarsch“ Unklarheit herrscht: Der Aufruf steht aus
Marschieren sie – oder marschieren sie nicht? Ob es auch in diesem Jahr zum „Trauermarsch“ durch das niedersächsische Bad Nenndorf kommt, ist derzeit unklar: Gegenüber dem Landkreis Schaumburg haben die rechtsextremen Organisatoren erklärt, den eigentlich für Anfang August geplanten Umzug eventuell zu verlegen. In Kreisen der „Freien Kameradschaften“ im Land kursiert bislang aber kein neuer Termin. Auch auf der Facebookseite der Organisatoren ist der jüngste Eintrag schon von Mitte Januar. Und weder die NPD noch die Partei „Die Rechte“ weisen bislang hin auf den früher geradezu kampagnenartig beworbenen „Trauermarsch“.
Angemeldet worden war die Erinnerung an die Opfer angeblicher alliierter Kriegsverbrechen für den 6. August. Am selben Tag sollten aber die neuen Kinder an der Grundschule eingeschult werden, und die liegt unmittelbar an der Marschroute. Vor Monaten schon bat der Landkreis die Rechtsextremen daher, ihre öffentliche Trauer zu verschieben – erstmal ohne Erfolg. Also verlegte man stattdessen die Einschulung um einen Tag auf den 7. August.
arbeitet als freier Journalist und Autor über die rechte Szene nicht nur in Norddeutschland.
In Nenndorf bestätigt sich möglicherweise, was auch andernorts schon erkennbar wurde: Bundesweit sinkt die Attraktivität der Aktionsform „Aufmarsch“. Was unter anderem auf den immer wieder hartnäckigen Protest auf der Straße zurückgeführt wird. Auch in dem niedersächsischen Kurort hat das Bündnis „Bad Nenndorf ist bunt“ immer wieder symbolische Erfolge gegen die Neonazis erringen können. Jürgen Uebel, Vorsitzender des Bündnisses, vermutet, dass die Trauermarsch-Organisatoren sich deswegen jetzt so vage geben, um die Gegenwehr zu schwächen. „Aber wir können jederzeit spontan reagieren“, sagt Uebel, der schon seit 2006 die Proteste mitorganisiert.
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